Leitsatz (amtlich)
1) Die Wahrung des Formerfordernisses des § 2247 Abs. 1 BGB erfordert lediglich, dass die Deckung von Text und Unterschrift eine Grundlage in der Testamentsurkunde selbst haben muss.
2) Lücken des urkundlichen Nachweises (nicht konsequent durchgeführte Seitennummerierung, teilweise unzusammenhängende Gedankenführung) können aufgrund durchzuführender Ermittlungen ggf. durch Berücksichtigung außerhalb der Testamentsurkunde liegender Umstände geschlossen werden.
Normenkette
BGB § 2247 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 04.12.2009; Aktenzeichen 7 T 369/09) |
AG Essen (Aktenzeichen 153 VI 236/08) |
Tenor
Die angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde an das LG zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Beschwerde und der weiteren Beschwerde wird auf 287.950 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Erblasser war verheiratet mit Frau S geb. Q, die am 30.4.2004 vorverstorben ist. Er hat keine Abkömmlinge hinterlassen. Seine Eltern sind vorverstorben. Ebenfalls vorverstorben sind seine drei Brüder. Deren Kinder bzw. Enkelkinder sind die Beteiligten zu 1) bis 7).
Nach dem Tode der Ehefrau des Erblassers reichte der Beteiligte zu 14) mit Schreiben vom 4.5.2004 ein mit "Unser Testament" überschiebenes und von den Eheleuten S/S2 eigenhändig unterzeichnetes maschinengeschriebenes Schriftstück vom 16.7.2001 bei dem Nachlassgericht ein. Beigefügt waren insgesamt 13 handschriftlich beschriebene DIN-A4-Einzelblätter, davon drei in Kopie. Die Schriftstücke wurden nach dem Tode der Ehefrau des Erblassers erstmals und nach dem Tode des Erblassers am 24.10.2007 nochmals eröffnet. Im Einzelnen handelt es sich um folgendes:
1. Ein einzelnes Blatt
Gemeinsam mit seiner Ehefrau errichtete der Erblasser am 6.4.1990 ein handschriftlich verfasstes und unterzeichnetes Testament mit folgendem Inhalt:
"Gemeinsames Testament
Wir, die Eheleute Dr. S2 und S geborene Q setzen uns zu unseren Alleinerben ein.
Nach dem Tode des Letztversterbenden berufen wir zu unseren Erben die fünf Kinder der Eheleute Y, K, C2, U2, I2 und G zu je 1/5.
Zum Testamentsvollstrecker ernennen wir Herrn T. Der Testamentsvollstrecker soll den Nachlass in Besitz nehmen und alle testamentarischen Bestimmungen erfüllen. Für seine Mühen erhält er als Vermächtnis 4000 DM (viertausend DM). Aus der Erbmasse sind ihm ferner alle Auslagen und Unkosten (Fahrtkosten, Wohnen in F z.B.) zu erstatten.
F, den 6.4.1990
Dr. S2
S geb. Q"
Der zweite Absatz ist wie dargestellt gestrichen worden. Die dort benannten Kinder der Eheleute Y sind die Beteiligte zu 8) ("C2"), der Beteiligte zu 9) ("G"), der Beteiligte zu 10) ("K"), die Beteiligte zu 13) ("U2") sowie die am 10.7.2007 verstorbene I2 ("I2"). Deren Kinder sind die Beteiligten zu 11) und 12). Der Beteiligte zu 14) ist der ernannte Testamentsvollstrecker.
Unterhalb des Testaments befindet sich ein von den Eheleuten S/S2 unterzeichneter handschriftlicher Zusatz wie folgt:
"Zusatz zu unserem Testament vom 6.4.1990
Der überlebende Ehegatte ist berechtigt, das Testament im vollem Umfang, also auch hinsichtlich der Nacherbfolge und der Vermächtnisse, aufzuheben oder abzuändern.
F den 6.6.1991
Dr. S2
S geb. Q"
2.-6. Fünf einzelne Blätter
Auf einem gesonderten Einzelblatt ist handschriftlich ausgeführt:
"Zum Gegenstand unseres Testaments vom 6.4.1990 machen wir die anliegenden Zimmeraufstellungen. Die Erben sind bei den einzelnen Aufstellungen oben am Kopf benannt.
Die Aufstellung der einzelnen Gegenstände im Zimmerverzeichnis ist nicht vollständig. Über einzelne Gegenstände haben wir besonders verfügt. Soweit über einige nicht genannte Gegenstände nicht verfügt ist, fallen die Gegenstände an den Erben des betreffenden Zimmers (...)"
Es folgen unter "Für T" handschriftlich niedergelegte Hinweise betreffend Kosten und Beiträge für Rundfunk, Zeitung und Versicherungen sowie entsprechende Unterlagen bzw. Hefter. Das Schriftstück trägt kein Datum und ist nicht unterzeichnet.
Vier weitere Einzelblätter verhalten sich über die in Bezug genommenen Zimmeraufstellungen. Sie sind jeweils mit grüner Schrift verfasst und enthalten Ausführungen zu Schlafzimmer, Diele und Garderobe sowie Küche, Herrenzimmer und Esszimmer. Oben rechts sind die Einzelblätter in roter Schrift mit "C2", "G", "K" und "I2" überschrieben.
7. Ein einzelnes Blatt
Auf einem weiteren gesonderten Einzelblatt ist handschriftlich ausgeführt:
"Zusatz zu unserem Testament vom 6.4.1990
Das Testament ändern wir wie folgt:
U2 erhält von dem Bruttogeld: 1/4.
Nach Tilgung aller Schulden erhalten K, G, I2 u. C2 je 1/4 von dem Nettobargeld (...)"
Es folgen Anordnungen zur Aufteilung der Zimmer sowie einzelner Gegenstände des Hausrats und abschließend Ausführungen zu dem vorgesehenen Inhalt des Totenbriefs der Ehefrau des Erblassers. Das Schriftstück trägt kein Datum und ist nicht unterzeichnet.
8. Ein einzelnes Blatt
Es handelt sich um einen handsch...