Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Hauptverhandlungsdauer für den Längenzuschlag
Leitsatz (amtlich)
Für die Berechnung der Dauer der Hauptverhandlung als Grundlage für einen sog. Längenzuschlag für den Pflichtverteidiger kommt es, wenn die Hauptverhandlung verspätet beginnt, auf den Zeitpunkt an, zu dem der Pflichtverteidiger geladen worden und anwesend ist.
Normenkette
RVG-VV Nr. 4110
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe
Der Antragsteller begehrt mit näherer Begründung für seine Tätigkeit im vorliegenden Verfahren eine "Pauschvergütung" (nach RVG jetzt: Pauschgebühr) i.H.v. 2.500 EUR.
Dabei geht er zudem noch von unzutreffenden ihm zustehenden gesetzlichen Gebühren aus, die er mit insgesamt 1.258 EUR beziffert hat.
Wie der Vertreter der Staatskasse in seiner Stellungnahme vom 25.2.2005 zutreffend dargelegt hat, stehen ihm jedoch gesetzliche Gebühren lediglich i.H.v. insgesamt 821 EUR nach den Nrn. 4101, 4105, 4113, 4115 und 4116 RVG-VV zu.
Wie der Vertreter der Staatskasse in der genannten Stellungnahme ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, war das Verfahren für den Antragsteller weder besonders umfangreich noch besonders schwierig i.S.d. § 51 Abs. 1 S. 1 RVG.
Auch die Ausführungen im Schriftsatz des Antragstellers vom 14.3.2005 geben zu einer anderen Entscheidung keinen Anlass. Dies gilt auch für die drei datumsmäßig nicht näher mitgeteilten Besuche bei dem in der JVA Iserlohn inhaftierten Mandanten, zumal wegen der Inhaftierung bereits sämtliche genannten Gebühren mit Ausnahme der Nr. 4116 RVG-VV einen Haftzuschlag beinhalten.
Zudem steht dem Pflichtverteidiger insoweit auch Auslagenersatz nach den Nrn. 7000 ff. RVG-VV - hier Nr. 7003 bzw. 7004 sowie 7005 und evtl. 7006 - zu.
Abgesehen davon wären weder die einzelnen Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis noch die dem Antragsteller insgesamt zustehende Gebühr unzumutbar im Sinne der genannten Vorschrift.
Dieses Ergebnis ergibt sich zudem auch aus einem Vergleich zwischen den dem Antragsteller nach dem RVG zustehenden gesetzlichen Gebühren von insgesamt 821 EUR und den gesetzlichen Gebühren i.H.v. 450 EUR, die ihm zustehen würden, wenn noch nach den Vorschriften der BRAGO abzurechnen gewesen wäre. In diesem Falle hätte selbst die sog. Mittelgebühr eines Wahlverteidigers mit 630 EUR noch erheblich unter den jetzigen gesetzlichen Gebühren des Pflichtverteidigers gelegen.
Dem Antragsteller steht es jedoch frei, die vom Rechtspfleger in der Kostenfestsetzung abgesetzte Gebühr nach Nr. 4116 RVG-VV i.H.v. 108 EUR, die auch der Leiter des Dezernats 10 des hiesigen OLG für entstanden hält, geltend zu machen.
Die Hauptverhandlung war auf 9.00 Uhr anberaumt und hat bis 14.25 Uhr gedauert. Auch wenn ihr tatsächlicher Beginn erst mit 9.40 Uhr angegeben ist, hat der Verteidiger entsprechend der Nr. 4116 RVG-VV mehr als 5 Stunden an einer Hauptverhandlung teilgenommen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass er auch bereits zur anberaumten Terminsstunde anwesend war.
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der verspätete Beginn der Hauptverhandlung auf das Ausbleiben des Verteidigers zurückzuführen wäre und dieser tatsächlich auch nicht pünktlich an dem Ort der Hauptverhandlung anwesend gewesen wäre. Dies müsste dann aber als entsprechender Nachweis ausdrücklich in die Sitzungsniederschrift oder in einen Vermerk aufgenommen werden.
Nach alledem war jedenfalls der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr abzulehnen.
Fundstellen
Haufe-Index 1437152 |
ZAP 2005, 822 |
RVG-B 2005, 165 |
RVGreport 2005, 351 |
RVG prof. 2005, 177 |