Leitsatz (amtlich)

1. Der Haftpflichtversicherer wird regelmäßig - so auch hier - uneingeschränkt zu Verhandlungen mit dem Geschädigten bevollmächtigt und tritt in der Regel dem Geschädigten auch als Vertreter des Schädigers gegenüber, so dass dessen Verhandlungen zur Verjährungshemmung gemäß § 203 Satz 1 BGB auch gegenüber dem Schädiger führen (in Fortschreibung zu BGH Urt. v. 11.10.2006 - IV ZR 329/05, BGHZ 169, 232 Ls. 1 und Rn. 20 ff.).

2. Für die Annahme, Verhandlungen seien beendet, ist ein strenger Maßstab anzulegen, wofür aber die Mitteilung über den Abschluss der Prüfung und die Verweigerung der Leistung auch im Hinblick auf die Verhandlungen - wie hier - ausreichend sein kann (im Anschluss an BGH Urt. v. 8.11.2016 - VI ZR 594/15, NJW 2017, 949).

3. Eine Verjährungshemmung nach Ablauf der Verjährungsfrist kommt nicht mehr in Betracht.

 

Normenkette

AHB Ziff. 5.2 Abs. 1; BGB §§ 203, 209

 

Verfahrensgang

LG Paderborn (Aktenzeichen 2 O 316/21)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin gegen das am 28.01.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Paderborn nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht für die Klägerin Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung der Klägerin offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere für die Klägerin günstigere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Soweit das Landgericht ausgeführt hat, ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 10.000,- EUR stehe der Klägerin aus §§ 833 S. 1, 253 BGB nicht zu, da ein solcher Anspruch verjährt sei, ist dies aus Sicht des Senats im Ergebnis zutreffend.

Die Einwendungen der Klägerin, bezüglich derer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Berufungsbegründung (Bl. 51 ff. der zweitinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte, im Folgenden: eGA II-51 ff.) verwiesen wird, greifen im Ergebnis nicht durch.

1. Die Verjährung der geltend gemachten Forderung begann, wie es das Landgericht zutreffend angenommen hat, mit Schluss des Jahres 2017 zu laufen.

Die vorliegend maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und die Klägerin von den den Anspruch gründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Der streitgegenständliche Vorfall ereignete sich am 17.05.2017. Dass die Klägerin im Jahr 2017 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners - hier der Beklagten als Halterin des Ponys - hatte, ist unter den Parteien unstreitig. Auch die Klägerin nimmt insoweit ausweislich ihrer Ausführungen in der Klageschrift (dort auf S. 4) sowie in der Berufungsbegründung (dort auf Seite 5) einen Beginn des Laufs der Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2017 an.

2. Zwar geht der Senat - anders als das Landgericht - davon aus, dass der Lauf der mit Schluss des Jahres 2017 begonnenen Verjährungsfrist aufgrund des Schreibens des Haftpflichtversicherers der Beklagten, des A a.G. (im Folgenden: A) vom 13.06.2019, mit welchem die Klägerin um weitere Informationen gebeten wurde, mit Zugang des Schreibens der von der Klägerin seinerzeit beauftragten Kanzlei B vom 03.06.2019 nach § 203 S. 1 BGB gehemmt wurde. Der Haftpflichtversicherer wird regelmäßig uneingeschränkt zu Verhandlungen mit dem Geschädigten bevollmächtigt und tritt in der Regel dem Geschädigten auch als Vertreter des Schädigers gegenüber (vgl. BGH Urt. v. 11.10.2006 - IV ZR 329/05, BGHZ 169, 232 Ls. 1 und Rn. 20 ff.). Anhaltspunkte, von diesem Grundsatz, zu dem im Übrigen die Klägerin hätte vortragen müssen, was aber Beklagte (und Haftpflichtversicherer) hier im Ergebnis nicht belastet, abzuweichen, bestehen hier nicht (vgl. im Hinblick auf verzugsbegründende Handlungen zuletzt etwa auch Senat Beschl. v. 19.10.2021 - 7 W 11/21, NJW-RR 2022, 213 = juris Rn. 27 m. w. N.). Gemäß der üblichen Ziff. 5.2 Abs. 1 AHB und vergleichbarer Regelungen (etwa des A) war der A bevollmächtigt, alle ihm zur Abwicklung des Schadens oder Abwehr der Schadensersatzansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen der Beklagten abzugeben, so dass durch die Verhandlungen des A mit der Klägerin eine Hemmung mit Blick auf die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte eingetreten ist.

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung nach § 203 S. 1 BGB gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Begriff des Verhandelns weit auszulegen. Der Gläubiger muss dafür le...

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