Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer antezipierten Beweiswürdigung im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens.
Normenkette
ZPO § 114; BGB §§ 823, 253; StGB § 176a
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 06.01.2014; Aktenzeichen 2 O 455/13) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Bielefeld vom 6.1.2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beklagte ist durch Urteil der 5. Großen Strafkammer des LG Paderborn vom 1.7.2013 - 05KLs-20-Js67/13-23/13 - u.a. des schweren sexuellen Missbrauchs zum Nachteil der am 7.1.2002 und 21.6.1996 geborenen Kläger - Söhne eines Vetters des Stiefvaters des Beklagten - unter Einbeziehung der in einem weiteren Verfahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs seiner Tochter am 6.2.2013 verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt worden.
Die Kläger nehmen den Beklagten jeweils auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von 10.000 EUR in Anspruch. Sie behaupten unter Bezugnahme auf einen Bericht der Dipl.-Ing Psychologin und Psychologischen Psychotherapeutin O, langfristig unter den psychischen Folgen der Tat zu leiden.
Der Beklagte räumt sein Fehlverhalten, wie es im Urteil des LG Paderborn festgestellt worden ist, ein, bestreitet aber mit Nichtwissen das Vorliegen der geschilderten Folgen, die jedenfalls nicht nur durch sein Fehlverhalten, sondern auch durch weitere negative Faktoren aus dem familiären Umfeld bedingt seien. Er ist der Ansicht, dass für die mit dem sexuellen Missbrauch verbunden gewesenen körperlichen Schmerzen jeweils ein Schmerzensgeld von 1.500 EUR ausreichend sei, und begehrt Prozesskostenhilfe zur Abwehr der weiter gehenden Klagen.
Das LG hat das Prozesskostenhilfegesuch durch Beschluss vom 6.1.2014 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, auch ohne Berücksichtigung der geschilderten psychischen Folgen, die vom Grunde her zwanglos und ohne weiteres als Folgen der Taten zu erwarten seien, sei das Schmerzensgeldverlangen der Kläger in der geltend gemachten Höhe begründet.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der dieser sein Begehren in vollem Umfang weiter verfolgt. Das geltend gemachte Schmerzensgeld lasse sich mit den rein körperlichen Folgen der Tat nicht rechtfertigen. Soweit die Kläger psychische Folgeschäden behaupten, seien diese und die behauptete Kausalität zwischen Tatgeschehen und psychischer Beeinträchtigung bestritten worden und könnten daher bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht berücksichtigt werden. Ob psychische Beeinträchtigungen vom Grunde her zwanglos als Folge des Tatgeschehens zu erwarten gewesen seien, habe das LG mangels sachverständiger Beratung aufgrund fehlender eigener Sachkenntnis nicht feststellen dürfen.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.
Mit Recht hat das LG dem Beklagten die begehrte Prozesskostenhilfe versagt, weil die Rechtsverteidigung des Beklagten gegenüber den geltend gemachten Ansprüchen der Kläger keine Aussicht auf Erfolg bietet, § 114 ZPO.
Der Beklagte ist den Klägern zum Ersatz des diesen anlässlich des zu ihrem Nachteil begangenen schweren sexuellen Missbrauchs entstandenen materiellen und immateriellen Schadens verpflichtet, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB, §§ 249, 253 BGB.
Die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt nach gefestigter Rechtsprechung entscheidend von dem Maß der Lebensbeeinträchtigung ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten oder als künftige Folge erkennbar und objektiv vorhersehbar ist (BGH, VersR 1995, 471). Die Schwere dieser Belastungen wird vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt, außerdem ist das Verschulden bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen. Bei der Bezifferung des im Einzelfall jeweils angemessenen Schmerzensgeldes ist zur Wahrung der rechtlichen Gleichbehandlung ferner zu beachten, dass der ausgeurteilte Betrag sich in das Gesamtsystem der von den Gerichten entwickelten Schmerzensgeldjudikatur einfügt. Dies bedeutet, dass seine Größenordnung dem Betragsrahmen entsprechen muss, der in der überwiegenden Spruchpraxis für vergleichbare Verletzungsgrade zuerkannt wird.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der vom LG für angemessen erachtete Betrag i.H.v. 10.000 EUR nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat sich sowohl in Bezug auf den Kläger zu 2) als auch in Bezug auf den Kläger zu 1) jeweils in einem Fall des schweren sexuellen Missbrauchs und in zwei weiteren Fällen des sexuellen Missbrauchs strafbar gemacht. Hierzu hat die Jugendkammer des LG Paderborn in ihrem Urteil v. 1.7.2013 ausgeführt:
a) in Bezug auf den Kläger zu 2):
"Nach einem gemeinsamen Besuch eines Schwimmbades bot sich der Angeklagte an, den an Neurodermitis leidenden Zeugen einzucremen. Dieser legte sich lediglich mit einer dünnen, kurzen Hos...