Leitsatz (amtlich)

Der beigeordnete Zeugenbeistand rechnet seine Tätigkeit nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG ab.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Entscheidung vom 25.03.2008)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Die Vergütung der Rechtsanwältin D. als Zeugenbeistand wird auf insgesamt 223,72 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts hat zu dem Rechtsmittel wie folgt Stellung genommen:

"Die Beschwerde ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zulässig; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- EUR.

Ich halte diese auch für begründet.

Einleitend sei darauf hingewiesen, dass Literatur und Rechtsprechung zu der Frage der Vergütung des nach § 68b StPO beigeordneten Zeugenbeistands aus der Landeskasse bislang zu keiner einheitlichen und nach hiesiger Ansicht auch zu keiner herrschenden Ansicht gelangt sind. Auch die hiesigen Strafsenate (1., 2. und 3. Strafsenat) vertreten zu der Frage, ob ein nach § 68b StPO beigeordneter Zeugenbeistand nach Teil 4 Abschnitt 1 oder 3 VV-RVG zu vergüten ist, unterschiedliche Rechtsauffassungen.

Zu der Problematik habe ich gegenüber dem 3. Strafsenat (3 Ws 307/07) bzw. dem 2. Strafsenat (2 Ws 289/07) zuletzt wie folgt Stellung genommen:

"Das KG Berlin hat im Beschluss vom 15.03.2006 (5 Ws 506/05; veröffentlicht unter [...].de, u.a. auch AGS 2006, 329-332) den (heute noch gültigen) Meinungsstand in der zugrundliegenden Vergütungsproblematik zusammenfassend dargestellt:

a)

Eine Meinung folgert aus der Tatsache, dass die Beiordnung des Zeugenbeistandes - entweder ausdrücklich oder der Natur der Sache nach - ausschließlich für den Zeitpunkt der Vernehmung dieses Zeugen ausgesprochen werde, dass es sich um eine Einzeltätigkeit handelt, die nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV-RVG zu vergüten sei (vgl. OLG Oldenburg, zuletzt Beschluss vom 21.03.2007 - 1 Ws 101/07 - und vom 02.07.2007 - 1 Ws 274/06 -; OLG Celle, Beschuss vom 21.05.2007 - 1 Ws 195/07-; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.02.2007 - 5-1 BJs 322185-2 -3105; KG, Beschluss vom 18.01.2007 - 1 Ws 2/07 veröffentlicht jeweils unter www.burhoff.de; LG Berlin, Beschluss vom 23.10.2006 - (514) 83 Js 153/04 KLs (1/06), veröff. unter [...].de).

b)

Der Zeugenbeistand sei uneingeschränkt wie ein Verteidiger zu bezahlen. Ihm stünden - außer im Wiederaufnahmeverfahren (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 6. Januar 2006 - 2 Ws 9/06 -, www.burhoff.de) - die Grundgebühr (VV 4100), die Verfahrensgebühr (VV 4112 bzw. 4118) und die Terminsgebühr (VV 4114 bzw. 4120) zu (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 11. Juli 2005 - 1 Ws 435/05 -; KG - 3. Strafsenat - NStZ-RR 2005, 358; OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.02.2007 - 1 Ws 23/07; LG München, Beschluss vom. 19.2. 2007, 12 KLs 247 Js 228539/05; OLG Schleswig, Beschluss vom. 03.11.2006, 1 Ws 449/06 - veröffentlicht jeweils unter www.burhoff.de; Burhoff RVG report 2004, 458).

c)

Der Zeugenbeistand sei zwar entsprechend einem Verteidiger zu vergüten; die Verfahrensgebühr sei aber nicht verdient (vgl. KG - 4. Strafsenat - Beschluss vom 4. November 2005 - 4 Ws 61/05 - und vom 01.02.2005 - 5 Ws 506/05 -, abweichend -einzelfallbezogen- OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.11.2006. 1 Ws 331/06 -jeweils veröffentlich unter www.burhoff.de).

Dabei scheint der unterschiedliche Umfang der wahrgenommenen Tätigkeiten ein wesentlicher Entscheidungsfaktor zu sein. Einerseits wurden die Zeugenbeistände kurz vor der wenige Minuten dauernden Vernehmung beigeordnet, andererseits erfolgte die Beiordnung in anderen Verfahren so früh, dass auch außerhalb der Hauptverhandlungstermine vor- und nachbereitende Tätigkeiten wahrgenommen wurden oder die Beistandsleistung sich auf Vernehmungen über mehrere Tage erstreckte.

Der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1971 S. 220) ist zu entnehmen, dass nach Absatz 1 der Vorbemerkung 4 die Vorschriften des Teil 4 für die Tätigkeit des Rechtsanwalts u.a. als Beistand anwendbar sein sollen. Es wird dort weiter ausgeführt: "Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem ...§ 95 BRAGO. Entfallen soll allerdings für den Beistand ... die in § 95 Halbsatz 2 BRAGO bisher vorgesehene Begrenzung auf die Hälfte der Gebühren. Dies ist sachgerecht, da nicht ersichtlich ist, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts in diesen Fällen grundsätzlich weniger umfangreich ist ... Neu ist, dass der Rechtsanwalt auch im Strafverfahren als Beistand für einen Zeugen ...die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger erhalten soll. Damit wird die für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten und für Streitigkeiten vor Gerichten der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit in Absatz 1 der Vorbemerkung 3 (zu Teil 3) vorgesehene Regelung auch für das Strafverfahren übernommen. Damit sollen erstmals auch im Strafverfahren die Gebühren des Rechtsanwalts für seine Tätigkeit als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen gesetzlich geregelt werden. Die Gleichstellung mit dem Verteidiger ist sachgerecht, weil die Gebührenrahmen ausreichenden Spielraum bieten, dem konkreten Arbeitsaufwa...

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