Verfahrensgang
AG Hamm (Entscheidung vom 24.10.2011; Aktenzeichen 30 F 248/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hamm vom 24.10.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 840,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.10.2011 auf Antrag der Antragstellerin das Urteil des polnischen Amtsgerichts Prudnik vom 04.10.2006 (Aktenzeichen: IIIRC 256/05) hinsichtlich eines monatlichen Unterhalts von 300,- PLN (ca. 70,- EUR) ab 31.08.2005 anerkannt und in der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt.
Gegen diese dem Antragsgegner am 14.10.2011 sowie am 26.10.2011 zugestellte Entscheidung wendet sich jener mit seiner am 21.11.2011 am Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Antragsgegner vor, er bestreite die Vaterschaft zur Antragstellerin und bestehe auf einem Vaterschaftstest. Zudem beziehe er ALG II-Leistungen und habe aus seiner jetzigen Ehe zwei Kinder, denen er unterhaltspflichtig sei.
Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt die angefochtenen Entscheidungen. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Auf die vorgelegten Urkunden wird verwiesen.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Anhörung. Die Beteiligten sind schriftlich angehört worden (§ 45 Abs. 1 AUG).
II.
1. Die Beschwerde ist gemäß Art. 75 Abs. 2 lit. a, Art. 32 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (im Folgenden: VO (EG) Nr. 4/2009) in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a, 43 Auslandsunterhaltsgesetz (AUG), dem Durchführungsgesetz der VO (EG) Nr. 4/2009, statthaft und zulässig; einer anwaltlichen Vertretung bedurfte der Antragsgegner nicht (§ 43 Abs. 2 S. 1 AUG i.V.m. §§ 2 AUG, 10 FamFG, 78 Abs. 3 ZPO).
2. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, richtet sich die Vollstreckbarerklärung nach der VO (EG) Nr. 4/2009. Diese Verordnung ist am 18.06.2011 (Art. 76 VO (EG) Nr. 4/2009) in Kraft getreten, da das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23.11.2007 (HUP 2007) seit diesem Zeitpunkt in der Europäischen Gemeinschaft anwendbar ist. Gemäß Art. 75 Abs. 2 S. 1 lit. a VO (EG) Nr. 4/2009 finden die Art. 23 bis 43 auch Anwendung auf Entscheidungen, die zwar vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 4/2009 ergangen sind, deren Anerkennung und Vollstreckbarerklärung aber erst nach diesem Zeitpunkt, dem 18.06.2011, beantragt wird. Das ist hier der Fall. Das mit der Vollstreckungsklausel zu versehende Urteil des polnischen Amtsgerichts ist zwar schon am 04.10.2006 erlassen, die Vollstreckbarerklärung aber erst mit Datum vom 10.08.2011 beantragt worden. Der räumliche Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 4/2009 ist ebenfalls geöffnet. Polen ist zum 01.05.2004 der Europäischen Union beigetreten.
Gemäß Art. 69 Abs. 2 VO (EG) Nr. 4/2009 geht diese Verordnung dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 02.10.1973 vor.
3. Zu Recht hat das Amtsgericht das Urteil des polnischen Amtsgerichts in Prudnik insgesamt für vollstreckbar erklärt.
a) Zwar ist das Exequaturverfahren für Unterhaltstitel aus Mitgliedsländern, für die das HUP 2007 anwendbar ist, nach Art. 17 VO (EG) Nr. 4/2009 abgeschafft. Das Haager Unterhaltsprotokoll 2007 findet aber keine Anwendung auf Verfahren, die Unterhaltsansprüche für einen Zeitraum vor Inkrafttreten des Protokolls betreffen (Art. 22 HUP 2007). Das vorliegende Urteil des polnischen Amtsgerichts tituliert auch Unterhaltsansprüche für die Zeit vor dem 18.06.2011. Diese bedürfen gemäß Art. 26 VO (EG) Nr. 4/2009 einer Vollstreckungsklausel für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Für Unterhaltsansprüche, die nach dem 18.06.2011 entstanden sind oder noch entstehen werden, ist eine Vollstreckungsklausel entbehrlich, so dass wegen der nach diesem Zeitpunkt liegenden Unterhaltsansprüche aus dem Titel unmittelbar vollstreckt werden kann (OLG München Beschluss vom 12.01.2012 - 12 UF 48/12 -; OLG Stuttgart Beschluss vom 13.02.2012 - 17 UF 331/11).
b) Gründe für die Versagung der Anerkennung des Urteils des polnischen Amtsgerichts liegen nicht vor. Gemäß Art. 75 Abs. 2a, 34 Abs. 1 VO (EG) Nr. 4/2009 darf die Vollstreckbarerklärung nur aus einem der in Art. 24 der Verordnung aufgeführten Gründe versagt werden. Nach dem Beschwerdevortrag käme allenfalls ein Verstoß gegen den Grundsatz des "ordre public" der Bundesrepublik Deutschland in Betracht.
aa) Der Vorbehalt des ordre public greift nur in Ausnahmefällen ein. Die Vollstreckbarkeitserklärung kann insbesondere nicht schon deshalb versagt werden, weil die ausländische Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden ist, das von zwingenden ...