Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertausgleich trotz Geringfügigkeit bei unzureichender Versorgung

 

Normenkette

VersAusglG § 18

 

Verfahrensgang

AG Herford (Aktenzeichen 14 F 209/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Ausspruch zum Versorgungsausgleich des am 6.1.2011 verkündeten Scheidungsverbundbeschlusses teilweise abgeändert und zu Ziff. 2 Abs. 3 der Beschlussformel wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen zu Versicherungsnummer... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 0,1057 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto der Antragstellerin zu Versicherungsnummer... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach einem Beschwerdewert von 1.000 EUR unter den verfahrensbeteiligten Eheleuten gegeneinander auf-gehoben.

Die Rechtsbeschwerde zum BGH wird zugelassen.

 

Gründe

Das AG hat mit dem teilweise angefochtenen Scheidungsverbundbeschluss die Ehe der verfahrensbeteiligten Eheleute geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt, indem es im Wege der internen Teilung zu Lasten der Anwartschaften der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften i.H.v. 1,0963 Entgeltpunkte auf das Rentenversicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen übertragen hat. Vom Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der X Lebensversicherung mit einem Ausgleichswert von 1.038,05 EUR hat es ebenso abgesehen wie vom Ausgleich der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung mit ehezeitlich erworbenen 0,2114 Entgeltpunkten. Beide Anwartschaften lägen unterhalb der Bagatellgrenze. Im Rahmen der Ermessensausübung sei auch zu berücksichtigen, dass hier wechselseitig bestehende geringe Anwartschaften nicht ausgeglichen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Scheidungsverbundbeschluss verwiesen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit welcher sie - wie schon erstinstanzlich - den Ausgleich der Anwartschaften auch des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung erstrebt; der Antragsgegner verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die beteiligten Versorgungsträger haben sich nicht geäußert.

Das zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin hat Erfolg.

Zwar liegt der Ausgleichswert der auszugleichenden Anwartschaft des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung sogar deutlich unterhalb der Bagatellgrenze des § 18 Abs. 2, 3 VersAusglG. Denn der Ausgleichswert der 0,1057 Entgeltpunkte entspricht einem Kapitalwert von 673,16 EUR, während 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV sich bei Eheende am 28.2.2010 auf 3.066 EUR beliefen.

Im Rahmen der Ermessensausübung, die in derartigen Fällen vorzunehmen ist, ist indessen dem Votum der Antragstellerin Bedeutung zuzumessen. Der Senat berücksichtigt auch, dass die Beteiligten ersichtlich in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen leben, wie sich schon aus den aus den Einkünften ersichtlichen Einkünften der Eheleute ergibt. Die Antragstellerin ist danach seit Beendigung ihrer Berufsausbildung zur Reiseverkehrskauffrau im Jahre 2002 keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen und hat ihre Rentenanwartschaften im Wesentlichen durch Kindererziehungszeiten erworben. Im Versicherungsfall können sich deshalb auch kleine Anwartschaften als wesentlich herausstellen. Dabei sind beide Beteiligte im Alter von jeweils jetzt knapp 30 Jahren zwar noch weit von der gesetzlichen Regelaltersgrenze entfernt und können noch Anwartschaften erwerben, die ihnen das Existenzminimum sichern. Allerdings kann der künftige Verlauf ihres Erwerbslebens nicht abgesehen werden. Bei Eheende hatte die Antragstellerin insgesamt 9,9371 Entgeltpunkte erworben, wovon sie durch die Durchführung der internen Teilung 1,0963 Entgeltpunkte verliert, so dass noch 8,8408 Entgeltpunkte nach Durchführung des Versorgungsausgleichs blieben. Diese begründen - Stand Juli 2011 nach der RWBestV 2011 - eine monatliche Rente von 242,86 EUR, die das Existenzminimum nicht deckt, auch nicht unter Berücksichtigung ihrer Anwartschaften aus ihrer privaten Rentenversicherung, die am Ende der Ehezeit nur einem Kapitalwert von insgesamt 1.137,40 EUR entsprach.

Zu berücksichtigen ist nach Ansicht des Senats auch der Gesetzeszweck, wonach das Absehen vom Ausgleich geringfügiger Anwartschaften und -differenzen mit der Vermeidung von unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand bei der Aufteilung kleiner Anwartschaften begründet wird. Denn in der Begründung (BT-Drucks. 16/10144, 60, 61) wird ausgeführt:

"Die Regelung in § 18 VersAusglG ist in dieser Form neu. Sie gibt eine Antwort auf Fallkonstellationen, bei denen die Durchführung des Versorgungsausgleichs unverhältnismäßig und aus Sicht der Parteien nicht vorteilhaft ist. In den Fällen des Abs. 1 ist der Wertunterschied bei Ehezeitende gering, weshalb sich ein Hin-und-her-Ausgle...

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