Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorname Kai
Leitsatz (amtlich)
1. "Kai" kann als alleiniger Vorname eines Jungen eingetragen werden.
2. Die vereinzelte Eintragung eines Vornamens, der nach dem überkommenen Verständnis einem Geschlecht zugeordnet ist, auch für Kinder des anderen Geschlechts insb. mit Rücksicht auf die Handhabung in fremden Sprachkreisen, rechtfertigt es nicht, dem Namen nunmehr die Geschlechtseindeutigkeit abzusprechen und der dem überkommenen Verständnis entsprechenden Namenswahl der Eltern die Anerkennung zu verweigern.
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 06.02.2003; Aktenzeichen 7 T 394/02) |
AG Essen (Aktenzeichen 78 III 9/02) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des AG Essen vom 13.6.2002 wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die zu 1) beteiligten Eheleute wollen ihrem am 25.4.2002 geborenen Sohn den alleinigen Vornamen "Kai" geben. Der Standesbeamte hat unter Hinweis auf den Inhalt verschiedener Namensbücher die Eintragung abgelehnt, weil es sich nicht um einen eindeutig männlichen, sondern um einen geschlechtsneutralen Namen handele, der auch Mädchen gegeben werde. Da die Beteiligten zu 1) ihrem Sohn keinen weiteren Vornamen geben wollen, haben sie beim AG beantragt, das Standesamt anzuweisen, für ihren Sohn den Namen "Kai" zu beurkunden. Diesem Antrag hat das AG mit Beschluss vom 13.6.2002 stattgegeben. Hiergegen hat die Standesamtsaufsicht sofortige Beschwerde erhoben. Mit dieser hat sie u.a. unter Hinweis auf eine Stellungnahme der Namensberatungsstelle der Universität Leipzig weiter die Auffassung vertreten, dass der Name Kai auch als weiblicher Vorname Verwendung finde. Das LG hat den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1).
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 49 Abs. 1 S. 1 PStG, 29 FGG statthaft und in der rechten Form eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt aus dem Umstand, dass das LG die amtsgerichtliche Entscheidung zu ihrem Nachteil abgeändert hat.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 FGG iVm § 546 ZPO.
Das LG hat ausgeführt: Nach den vorgelegten Namensbüchern werde Kai als männlicher Vorname verwandt und sei insoweit wohl keltischen Ursprungs. Er sei jedoch auch als weiblicher Vorname gebräuchlich, und zwar wohl aus dem Skandinavischen kommend als Kurzform für Katharina. Die seitens des Beteiligten zu 2) vorgelegte - wenn auch unvollständige - Auflistung der Universität Leipzig lasse erkennen, dass der Vorname Kai durchaus auch für Mädchen gebräuchlich sei. Trotz des überwiegenden Gebrauchs als Vorname für Knaben sei der Name zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr geschlechtseindeutig, so dass er entsprechend dem gewohnheitsrechtlichen Gebot der Geschlechtseindeutigkeit des Namens als alleiniger Vorname eines Knaben nicht eintragungsfähig sei.
Dies hält der rechtlichen Prüfung letztlich nicht stand.
Das Recht, einem Kinde Vornamen zu geben, steht den Sorgeberechtigten zu (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG, § 1626 BGB; hierzu Diederichsen, NJW 1981, 705). Allgemein verbindliche Vorschriften über die Wahl und die Führung von Vornamen gibt es zur Zeit nicht. Die freie Wahl der Vornamen ist zuvörderst Aufgabe der Eltern, die sie allerdings im Sinne des Kindeswohls auszuüben haben (BVerfG v. 28.1.2004 - 1 BvR 994/98, MDR 2004, 634 = StAZ 2004, 109 = FamRZ 2004, 522). Nur wenn Letzteres bedroht erscheint, sind die staatlichen Stellen in Ausübung ihrer Aufgaben nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG befugt und verpflichtet, der elterlichen Entscheidung die Anerkennung zu verweigern. Die durch das Kindeswohl gezogenen Grenzen werden u.a. dann nicht eingehalten, wenn bei der Namensgebung der natürlichen Ordnung der Geschlechter nicht Rechnung getragen wird, wenn also Jungen oder Mädchen Vornamen beigelegt werden, die im allgemeinen Bewusstsein als Vornamen des jeweils anderen Geschlechts lebendig sind (BGHZ 73, 239 [241] = NJW 1979, 2469 = FamRZ 1979, 466 = StAZ 1979, 238). Das wird allgemein als selbstverständlich empfunden und bildet auch den Ausgangspunkt für die Regelung des Personenstandsgesetzes, dem die Auffassung zugrunde liegt, dass die einem Kind gegebenen Vornamen geeignet sein sollen, ohne weiteres dessen Geschlecht erkennen zu lassen. Ist der Vorname nicht eindeutig männlich oder weiblich, steht dies der Eintragung dann nicht entgegen, wenn dem Kind ein weiterer, den Zweifel über das Geschlecht ausräumender Vorname beigelegt wird (OLG Hamm StAZ 1998, 322; StAZ 1996, 208; OLG Hamm v. 7.10.1993 - 15 W 57/93 = NJW-RR 1994, 580). Bei Beachtung dieser Grundsätze können selbst Phantasienamen zulässig sein (BayObLG StAZ 1984, 127 [128]). Soweit die Auffassung vertreten wird, es gelte nicht das Prinzip der Geschlechtsoffenkundigke...