Leitsatz (amtlich)
Es kann einen Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB darstellen, wenn nach Ablauf von 30 Jahren die Einziehung eines Erbscheins von demjenigen betrieben wird, der den Erbschein selbst beantragt hatte.
Normenkette
BGB §§ 242, 2361; HöfeO § 18 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Unna (Aktenzeichen 19 Lw 2/92) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers zu 1) wird zurückgewiesen.
Die Beschwerden der Antragsteller zu 2) und 3) werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner tragen die Antragsteller zu je 1/3.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 255.646,00 EUR.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist der Antrag auf Einziehung eines Erbscheins.
Der Erblasser N. A. K. und seine Ehefrau, die am 00.00.1991 verstorbene V. K. geborene L., waren gemeinschaftliche Eigentümer des im Grundbuch von Q., Blatt ####5 eingetragenen Hofes im Sinne des § 1 HöfeO mit einer Fläche von 34,5 ha. Der Hof stammte aus der Familie des Erblassers. Das hofesfreie Vermögen bestand aus mehreren Wohnimmobilien. Aus der Ehe sind der Vater der Beteiligten, A.-D. K., und dessen Bruder N. S. K. hervorgegangen.
Der Erblasser und seine Ehefrau errichteten am 07.06.1957 ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Erben einsetzten. Nach dem Tod des Erblassers sollte die Ehefrau hinsichtlich des Hofes Hofvorerbin sein. Nach dem Tod des Letztlebenden sollte der Sohn A.-D. K. den Hof erhalten. Hofersatzerbe sollte einer dessen Söhne sein,
"der bereit ist, den Hof zu bewirtschaften und Landwirtschaft gelernt hat".
Am 00.00.1960 verstarb der Erblasser und am 00.00.1970 auch dessen Sohn A.-D. K., der seit dem 01.07.1958 den Hof gepachtet hatte. Dessen Söhne sind die Beteiligten sowie der nicht an diesem Verfahren beteiligte S. K., der mittlerweile aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden ist.
Nach dem Tod ihres Ehemannes pachtete die Mutter der Beteiligten, X. K., den Hof von der Hofvorerbin. Mit deren Zustimmung verkaufte sie den Viehbestand und die landwirtschaftlichen Maschinen. Die Stallungen wurden zum Unterstellen von Pferden vermietet und die landwirtschaftlichen Flächen an benachbarte Landwirte verpachtet. Der Antragsteller zu 1) absolvierte bis zum 06.03.1970 die Landwirtschaftsschule in T. und legte am 14.07.1970 die Prüfung zum Landwirtschaftsgehilfen ab. Anschließend studierte er an der Gesamthochschule in H. Landbau und legte die dortige Abschlussprüfung ab. Eine Tätigkeit in der Landwirtschaft nahm er jedoch nicht auf, weil er die Gelegenheit hatte, bei einer Gebäudereinigungsfirma zu arbeiten. Dort ist er als M. angestellt. Die übrigen Beteiligten sind beruflich ebenfalls nicht in der Landwirtschaft tätig.
Die Hofvorerbin errichtete am 28.10.1987 ein Testament, in dem sie über das hoffreie Vermögen verfügte. Darüber hinaus ließ sie eine notarielle Erklärung beurkunden, in der es heißt:
"... Zwar hat einer meiner Enkel Landwirtschaft gelernt, jedoch nach Beendigung seiner Ausbildung im Jahre 1973 ebenso wenig wie seine Brüder Landwirtschaft betrieben und auch einen weiteren Beruf gelernt, den er jetzt ausübt. Es liegt infolgedessen nach meiner Überzeugung bei keinem meiner Enkel die Wirtschaftsfähigkeit im Sinne der Höfeordnung vor. Jeder hat seine Ausbildung oder schon Existenz außerhalb des Hofes. Ich bin darüber belehrt worden, dass nach der Rechtsprechung und Änderung der Höfeordnung die Wirtschaftsfähigkeit im Sinne der Höfeordnung sehr weit ausgelegt wird und dass ein Hoferbe nicht auf dem Hof wohnen und nur vor dort aus die Landwirtschaft betreiben muss. ... Diese Auffassungen decken sich nicht mit dem von mir und meinem verstorbenen Ehemann in unserem Testament geäußerten Willen, dass neben der Ausbildung auch die ausgeübte Volltätigkeit auf den Hof gehört. Mein Mann und ich hatten bei Abfassung unseres Testaments die feste Vorstellung, dass als Hoferbe nur der vom Hof aus tätige und dazu ausgebildete Landwirt in Frage kommen sollte. Ich bin daher der Meinung, dass die Entwicklung gezeigt hat, dass unser Testament vom 7. Juni 1957 hinsichtlich der Einsetzung eines Hofeserben wirkungslos geblieben und gegenstandslos geworden ist, weil bei meinem Tod kein wirtschaftsfähiger Hofeserbe vorhanden ist. ..."
Am 11.09.1991 stellte sie den Antrag, den Hofvermerk zu löschen. Zur Begründung erklärte sie, nach ihrer Überzeugung seien die Söhne nicht wirtschaftsfähig, da sie den Beruf eines Landwirts nicht ausübten. Der Hof vererbe sich daher gemäß § 10 HöfeO nach allgemeinem Recht.
Nachdem am 00.00.1991 auch die Hofvorerbin verstorben war, stimmten am 22.05.1992 die Söhne des A.-D. K. dem Antrag der Hofvorerbin auf Löschung des Hofvermerks zu, der sodann am 10.07.1992 im Grundbuch gelöscht wurde. Der Antragsteller zu 1) stellte am 26.11.1992 einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der ihn und seine fünf Brüder als Nacherben des Erblassers zu je 1/6 An...