Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirkung eines Vaterschaftsanerkenntnisses eines Westdeutschen in der DDR
Leitsatz (amtlich)
Einem von einem Standesbeamten im Gebiet der ehemaligen DDR im Jahre 1955 beurkundeten Anerkenntnis der Vaterschaft durch einen Mann mit Wohnsitz in Westdeutschland kommt auch nach dem In-Kraft-Treten des Einigungsvertrages statusbegründende Wirkung zu, ohne dass es einer Zustimmung der Mutter oder des Kindes bedarf.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 16.05.2003; Aktenzeichen 23 T 10/03) |
AG Lübbecke (Aktenzeichen 6 VI 75/02) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 26.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) ist als Kind aus der im Jahre 1961 geschlossenen Ehe des Erblassers mit Frau S. geb. … hervorgegangen. Der Beteiligte zu 2) ist am 7.10.1955 in … als nichteheliches Kind der Frau S. geboren. Die Geburt wurde von dem Standesbeamten des Standesamtes … zu Nr. … beurkundet. Der Erblasser erkannte am 19.10.1955 in einer von dem Standesbeamten des Standesamtes … aufgenommenen Urkunde an, Vater des Beteiligten zu 2) zu sein. Der Standesbeamte des Standesamtes … vermerkte daraufhin am selben Tag das Vaterschaftsanerkenntnis am Rande des Geburtseintrags.
Die Ehefrau des Erblassers beantragte zur Niederschrift der Rechtspflegerin des AG vom 26.3.2002 mit der Versicherung, der Erblasser habe eine letztwillige Verfügung nicht hinterlassen, die Erteilung eines gemeinschaftlichen Mindestteilerbscheins, der nach gesetzlicher Erbfolge sie zu 1/2 und den Beteiligten zu 1) zu 1/4 Anteil als Erben ausweisen soll. Mit ihrem Antrag legte die Ehefrau ein vom 18.12.2001 datierendes DNA-Gutachten vor, in dem der Sachverständige Prof. Dr. B. zu der Schlussfolgerung gelangt, es sei unmöglich, dass die Beteiligten zu 1) und 2) denselben biologischen Vater hätten. Der beantragte Erbschein wurde der Ehefrau des Erblassers am 27.3.2002 erteilt.
Der Beteiligte zu 2) hat zu notarieller Urkunde vom 10.10.2002 (UR-Nr. … 2002 Notariat 3 …) die Erteilung eines Teilerbscheins beantragt, der ihn nach gesetzlicher Erbfolge zu 1/4 Anteil als Erben ausweisen soll. Dieser Erbschein ist dem Beteiligten zu 2) am 24.10.2002 erteilt worden.
Gegen die Erteilung dieses Erbscheins hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 28.11.2002 Beschwerde eingelegt, die er dahin begründet hat, die Vaterschaftsanerkennung des Erblassers müsse als unwirksam angesehen werden, weil die darüber von dem Standesbeamten des Standesamtes … errichtete Urkunde kein Siegel trage. Zudem fehle die zum damaligen Zeitpunkt erforderliche Zustimmungserklärung der Mutter des Beteiligten zu 2).
Die Rechtspflegerin des AG hat der Beschwerde unter Hinweis auf die Vorschrift des § 1598 Abs. 2 BGB nicht abgeholfen, weil seit der Eintragung der Anerkennung in ein deutsches Personenstandsbuch mehr als fünf Jahre verstrichen seien. Das LG hat die Beschwerde des Beteiligten zu 1) durch Beschluss vom 16.5.2003 zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), die er mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 13.6.2003 bei dem LG eingelegt hat.
II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen. Seine Beschwerdebefugnis ergibt sich daraus, dass von seinem Standpunkt ausgehend der Beteiligte zu 2) nicht als gesetzlicher Erbe des Erblassers berufen ist und sich demzufolge der Erbanteil des Beteiligten zu 1) neben demjenigen der Ehefrau des Erblassers auf 1/2 erhöhen würde (§ 1924 Abs. 1 i.V.m. §§ 1931 Abs. 1 S. 1 und 3, 1371 BGB).
Auch in der Sache hält die Entscheidung des LG rechtlicher Nachprüfung stand. Die Kammer hat ausgeführt, der dem Beteiligten zu 2) erteilte Teilerbschein sei nicht i.S.d. § 2361 BGB unrichtig. Dabei könne offen bleiben, ob sich die Abstammung des Beteiligten zu 2) als Sohn des Erblassers aus dessen Vaterschaftsanerkenntnis vom 19.10.1955 ergebe. Das Anerkenntnis habe jedenfalls deshalb nach § 1598 Abs. 2 BGB (i.d.F. durch das KindRG vom 16.12.1997) bzw. der inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 1600 f Abs. 2 BGB (i.d.F. durch das NEhelG vom 19.8.1969) statusbegründende Wirkung, weil seit der Eintragung der Anerkennung in ein deutsches Personenstandsbuch mehr als fünf Jahre verstrichen seien.
Die Vorschrift des § 1598 Abs. 2 BGB bzw. ihre nach dem maßgebenden Zeitablauf vorrangig heranzuziehende Vorgänge...