Verfahrensgang

AG Münster (Aktenzeichen 29 C 476/94)

LG Münster (Aktenzeichen 8 S 363/95)

 

Tenor

Im Mieterhöhungsrechtsstreit kann das Gericht wegen der Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in der Zeit zwischen der Datenerhebung zum Mietspiegel und dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens eingetreten ist (sog. Stichtagsdifferenz), einen Zuschlag zu dem für die Wohnung zutreffenden Mietspiegelwert auch dann machen, wenn das Mieterhöhungsverlangen auf den Mietspiegel gestützt worden ist (Bestätigung von Leitsatz 1 des Rechtsentscheids des OLG Stuttgart vom 15.12.1993 – ZMR 1994, 109 = WuM 1994, 58 = DWW 94, 47 = NJW-RR 1994, 334).

 

Tatbestand

I.

Der Kläger hat an die Beklagten seit 1982 eine in Münster gelegene Wohnung mit einer Wohnfläche von 108 m² nebst Garage und Abstellplatz vermietet. Ab 01.10.1990 beliefen sich die Mieten für die Wohnung auf 972,00 DM, für die Garage auf 50,00 DM und für den Abstellplatz auf 25,00 DM. Am 02.06.1993 schlossen die Parteien vor dem Amtsgericht Münster einen gerichtlichen Vergleich, wonach die „monatliche Grundmiete nebst Garage und Einstellplatz” ab 01.02.1993 1.141,00 DM beträgt.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17.02.1994 verlangte der Kläger Zustimmung zur Erhöhung der Miete auf insgesamt 1.256,40 DM (Wohnung: 1.166,40 DM; Garage: 60,00 DM; Stellplatz: 30,00 DM) ab 01.05.1994. Zur Begründung des Erhöhungsverlangens ordnete er die Wohnung in Gruppe IV C c – gute Wohnlage – des Mietspiegels der Stadt Münster vom 01.10.1992 ein und verlangte aus der Spanne von 9,40 DM/m² und 12,20 DM/m² einen Quadratmeterpreis für die Wohnung von 10,80 DM monatlich.

Nachdem die Beklagten dem Mieterhöhungsverlangen nicht zugestimmt hatten, hat der Kläger mit seiner beim Amtsgericht Münster erhobenen Klage beantragt, die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Grundmiete für die Wohnung auf 1.166,40 DM ab 01.05.1994 zuzustimmen. Das Amtsgericht hat den Beklagten nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens verurteilt, der Erhöhung der Grundmiete auf 1.090,80 DM (10,10 DM/m²) ab dem 01.05.1994 zuzustimmen und im übrigen die Klage abgewiesen.

Das mit der Berufung des Klägers befaßte Landgericht hat dem Senat folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt.

Kann im Mieterhöhungsrechtsstreit wegen der Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in der Zeit zwischen der Datenerhebung zum Mietspiegel und dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens eingetreten ist (sog. Stichtagsdifferenz), das Gericht einen Zuschlag zu dem für die Wohnung zutreffenden Mietspiegel auch dann machen, wenn das Mieterhöhungsverlangen auf den Mietspiegel gestützt worden ist?

Es hält die Vorlagefrage für entscheidungserheblich und möchte insoweit von dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 15.12.1993 abweichen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist gemäß § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO zulässig.

1.

Es handelt sich um eine Rechtsfrage, die sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergibt. Sie kann nicht deshalb dahingestellt bleiben, weil der Kläger in dem Rechtsstreit mit den in erster und zweiter Instanz gestellten Anträgen nur die Zustimmung der Beklagten zur Erhöhung der Miete für die Wohnung begehrt, die nach Auffassung der Kammer lediglich einen Rechnungsposten im Rahmen einer einheitlich vereinbarten Miete für Wohnung, Garage und Stellplatz darstellt und deshalb einem gesonderten Erhöhungsverlangen nicht zugänglich ist. Dies rechtfertigt nämlich nach Ansicht der Kammer angesichts der zwischen den Parteien bestehenden Einigkeit über die Ansätze für Garage und Stellplatz nur eine „angepaßte Tenorierung”. Der Senat hat von der Rechtsauffassung des Landgerichts, sofern nicht offensichtlich unhaltbar, auszugehen (vgl. Baumbach-Albers, ZPO, 54. Aufl., § 541 Rdnr. 9 m. w. N.). Zudem wäre für den Fall, daß eine angepaßte Tenorierung mit Blick auf die Regelung in § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht in Betracht käme, jedenfalls dem Kläger ein entsprechender Hinweis zu erteilen (§ 139 Abs. 1 ZPO). Es ist davon auszugehen, daß der Kläger einem solchen Hinweis durch Änderung des Antrags, ggf. durch einen Hilfsantrag, Rechnung tragen würde. Auch in diesem Fall wäre die Vorlagefrage entscheidungserheblich. Es beständen nämlich keine Bedenken, wenn der Kläger entsprechend seinem schriftlichen Erhöhungsverlangen einen Antrag auf Zustimmung zur Erhöhung der einheitlich vereinbarten Gesamtmiete durch Aufspalten einzelner Rechnungsposten zum Zwecke der Vergleichbarkeit und zur Darlegung der Voraussetzungen von § 2 MHG begründet (vgl. Barthelmess, WKSchG, 5. Aufl., § 2 MHG Rdnr. 9). Eine Änderung des Antrags wäre gemäß § 264 Nr. 2 ZPO auch ohne Zustimmung des Beklagten zulässig.

2.

In der Vorlagefrage möchte das Landgericht von Leitsatz 1 des Rechtsentscheids des OLG Stuttgart vom 15.12.1993 abweichen.

Zu der in Leitsatz 2 vertretenen Auffassung des OLG Stuttgart, die sich mit den Anforderungen an die Ermittlung einer „Stichtagsdifferenz” befaßt, sind dem Vorlagebeschluß keine Ausführunge...

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