Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Kürzung wegen langer Trennungszeit
Leitsatz (amtlich)
Eine Kürzung des Versorgungsausgleichs kommt bei langer Ehezeit grundsätzlich nicht in Betracht, selbst wenn die Trennungszeit ein Viertel der Ehezeit ausmacht.
Normenkette
BGB § 1587c Nr. 1
Verfahrensgang
AG Hamm (Urteil vom 19.04.2010; Aktenzeichen 3 F 323/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird das am 19.4.2010 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Hamm im Ausspruch zu b. (Versorgungsausgleich) abgeändert.
Zu Lasten der Versorgung von I Walter F J bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung (Personal-Nr. S .../...) werden auf dem Versicherungskonto Nr. ...von T J bei der Deutschen Renten-versicherung Westfalen Rentenanwartschaften von monatlich 1.000,45 EUR, bezogen auf den 30.4.2009, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens (erster und zweiter Instanz) werden gegeneinander aufgehoben.
Der Beschwerdewert wird einschließlich des Beschwerdewerts der Anschlussbeschwerde auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien haben am 24.12.1976 die Ehe miteinander geschlossen. Aus ihr ist eine inzwischen volljährige Tochter, Juliana, geb. am 13.11.1983, hervorgegangen.
Der Antragsgegner war während der Ehe als Kriminalbeamter tätig; er ist seit 1.6.2009 im Ruhestand. Die Antragstellerin ist selbständige Fotografin; sie betreibt ein Fotogeschäft in I2.
Im Februar 2001 erfolgte die Trennung der Parteien. Am 21.6.2001 schlossen die Parteien einen notariellen Ehe- und Erbverzichtsvertrag, mit welchem Gütertrennung und ein gegenseitiger Erbverzicht vereinbart und der Hausrat geteilt wurde. Zugleich übertrug der Antragsgegner der Antragstellerin sein Alleineigentum an dem von den Parteien zuletzt gemeinsam bewohnten Objekt B - ein Mehrfamilienhaus mit Ladenlokal, in welchem die Antragstellerin seither alleine wohnt und ihr Fotogeschäft betreibt - gegen Übernahme der hierauf liegenden Belastungen. Regelungen zum Unterhalt oder Versorgungsausgleich wurden nicht getroffen. Wegen der Einzelheiten wird auf die notariellen Urkunden des Notars S T1, I2, vom 21.6.2001 (Bl. 15 ff., 20 ff. GA) Bezug genommen.
In der Folgezeit machte die Antragstellerin zunächst keinen Trennungsunterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner geltend, da sie ihren Lebensunterhalt durch die Gewinne ihres Fotogeschäftes sowie Mieteinnahmen aus dem Haus B selbst bestreiten konnte. Nachdem allerdings die Gewinne ihres Unternehmens eingebrochen waren und sie sich zudem eine schwere Fußfraktur mit längerer Arbeitsunfähigkeit zugezogen hatte, machte die Antragstellerin erstmals mit Schreiben vom 31.5.2007 Trennungsunterhalt geltend, den sie sodann mit Schriftsatz vom 13.11.2008 im Verfahren 3 F 324/08 AG Hamm einklagte. Jedenfalls zwischen Juni 2007 und Mai 2009 zahlte der Antragsgegner jeweils 50 EUR Trennungsunterhalt monatlich.
Mit Schriftsatz vom 13.11.2008, zugestellt am 20.5.2009, hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren die Scheidung beantragt.
Laut im Scheidungsverfahren eingeholter Auskünfte hat die Antragsstellerin während der Ehezeit Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 175,72 EUR erworben. Die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsbezüge des Antragsgegners belaufen sich auf 2.176,62 EUR monatlich.
Mit Schriftsatz vom 5.10.2009 hat die Antragstellerin im Verbund nachehelichen Elementarunterhalt i.H.v. monatlich 240 EUR sowie Vorsorgeunterhalt i.H.v. monatlich 760,57 EUR geltend gemacht.
Mit Schriftsatz vom 12.10.2009 hat der Antragsgegner beantragt, den Versorgungsausgleich im Hinblick auf die lange Trennungszeit nach § 1587c BGB zu beschränken. Insbesondere die notariellen Regelungen vom 21.6.2001 dokumentierten - so der Antragsgegner - die wirtschaftliche Verselbständigung der Parteien seit der Trennung.
Die Antragstellerin hat dem erstinstanzlich entgegengehalten, es sei keineswegs mit der Trennung eine wirtschaftliche Verselbständigung der Parteien eingetreten. Der Antragsgegner habe bis 2002 noch die Buchhaltung der Antragstellerin erledigt. Auch habe der Telefonbucheintrag bis 2003 noch auf die gemeinsame Anschrift gelautet. Sie habe bis 2007 die Beihilfe des Antragsgegners in Anspruch genommen. Der Antragsgegner habe durchgehend den Verheiratetenzuschlag erhalten. Die Hinauszögerung der Scheidung habe den Hintergrund gehabt, dass der Antragsteller in den Genuss des sog. Rentnerprivilegs habe kommen wollen.
Im Termin vom 19.4.2010 haben sich die Parteien im Parallelverfahren (Trennungsunterhalt) dahingehend geeinigt, dass der Antragsgegner zur Abgeltung der Trennungsunterhaltsansprüche ab Juni 2007 einen Gesamtbetrag von weiteren 16.600 EUR an die Antragstellerin zahlt. Im Übrigen haben beide Parteien einen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt vereinbart (Bl. 281R BA). Daraufhin haben die Parteien vorliegend die Folgesache nachehelicher Unterhalt übe...