Leitsatz (amtlich)
Übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten sind Verfahrenshandlungen, welche die Rechtshängigkeit der geltend gemachten Ansprüche beenden; hierin liegt keine Einigung im Sinne von Nr. 1000 VV-RVG.
Normenkette
RVG §§ 56, 33; RVG-VV Nrn. 1000, 1003
Verfahrensgang
AG Dortmund (Beschluss vom 28.03.2013; Aktenzeichen 118 F 5104/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG -Familiengericht- Dortmund vom 28.3.2013 wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. In dem zugrunde liegenden Verfahren hat die Kindesmutter gegen den Kindesvater einen Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts gem. § 1671 BGB gestellt. Mit Beschluss vom 16.10.2012 ist dem Kindesvater unter Beiordnung des Beteiligten zu 1) Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. In dem durch das AG -Familiengericht- anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.10.2012 erklärten die Kindesmutter und der Kindesvater aufgrund der Hinweise des Gerichts das Verfahren übereinstimmend für erledigt. Das AG -Familiengericht hat sodann mit Beschluss vom 30.10.2012 die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Der Verfahrenswert ist auf 3.000 EUR festgesetzt worden.
Unter dem 31.10.2012 hat der Beteiligte zu 1) einen Antrag auf Festsetzung der Vergütung als beigeordneter Rechtsanwalt gestellt. Darin hat er neben einer Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV-RVG, einer Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV-RVG und der Pauschalgebühr gem. Nr. 7002 VV-RVG, eine Einigungsgebühr gem. Nr. 1003, 1000 VV-RVG geltend gemacht. Das AG -Familiengericht- ist diesem Antrag durch die funktionell zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht in vollem Umfang nachgekommen und hat mit Beschluss vom 19.11.2012 die dem Beteiligten zu 1) zustehende Vergütung unter Absetzung der Einigungsgebühr auf 586,08 EUR festgesetzt. Der hiergegen gerichteten Erinnerung des Beteiligten zu 1) hat das AG -Familiengericht- durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht abgeholfen und dem funktionell zuständigen Richter zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 28.3.2013 hat das AG -Familiengericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Beschwerde vom 8.4.2013 hat es nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Zu Recht hat das AG -Familiengericht- die dem Beteiligten zu 1) zustehenden Gebühren und Auslagen auf 586,08 EUR festgesetzt. Denn eine Erstattung der vom Beteiligten zu 1) beanspruchten Einigungsgebühr gem. Nr. 1003, 1000 VV-RVG scheidet aus. Zur Begründung wird -zur Vermeidung von Wiederholungen- auf die betreffenden Ausführungen des amtsgerichtlichen Festsetzungsbeschlusses vom 19.11.2012 sowie auf diejenigen des Bezirksrevisors in seinem Schreiben vom 17.1.2013 verwiesen, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt.
Lediglich ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
Gemäß Nr. 1000 VV-RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Ein solcher Vertrag ist hier hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Übertragung des Sorgerechts gem. § 1671 BGB nicht abgeschlossen worden. Vielmehr haben die Kindeseltern das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
Bei den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten, dass sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt habe, handelt es sich um Verfahrenshandlungen, die lediglich die Rechtshängigkeit der geltend gemachten Ansprüche beenden, nicht aber um eine Einigung im Sinne von Nr. 1000 VV- RVG.
Soweit der Beteiligte zu 1) vorträgt, der übereinstimmenden Erledigungserklärung habe eine Vereinbarung der Kindeseltern zugrunde gelegen, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung in der Sache. Es fehlt an dem Erfordernis der Beseitigung der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis. Dies wäre nur dann erfüllt, wenn zugleich eine materiell-rechtliche Einigung zwischen den Kindeseltern erfolgt wäre. Eine solche ist jedoch vorliegend nicht ersichtlich, insbesondere ist weder eine Erklärung der Kindeseltern dahingehend erfolgt, dass wechselseitige Sorgerechtsansprüche nicht mehr geltend gemacht werden noch ist eine einvernehmliche Kostenregelung getroffen worden (so auch KG FamRZ 2013, 1247; OLG Köln MDR 2006, 539; Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl., Nr. 1000 RVG-VV, Rz. 27).
Fundstellen
MDR 2014, 839 |
AGS 2014, 166 |
RVGreport 2014, 270 |