Verfahrensgang

AG Essen (Entscheidung vom 13.01.2009; Aktenzeichen 106 F 152/08)

 

Tenor

wird die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 13. Januar 2009 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs.2 ZPO statthafte sowie frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet, da das Familiengericht zu Recht die Bedürftigkeit des Antragsgegners im Sinne des § 114 ZPO verneint und ihm die beantragte Prozesskostenhilfe versagt hat.

Bei Zugrundelegung allein seines Einkommens ist die Beklagte bedürftig im Sinne des § 114 ZPO. Eine Partei, die öffentliche Mittel für ihre Prozessführung in Anspruch nehmen will, ist es jedoch nach § 115 Abs.3 ZPO, der insoweit auf die sozialhilferechtliche Regelung in § 90 SGB XII verweist, grundsätzlich zuzumuten, auf vorhandenes Vermögen zurückzugreifen, wenn dies ausreicht, die Kosten zu decken. Die im Sozialhilferecht bestehenden Ausnahmen von diesem Grundsatz sind auch bei der Beurteilung der Bedürftigkeit einer Partei im Prozesskostenhilfeverfahren zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der Verpflichtung des Einsatzes von Lebensversicherungen, die mit ihrem Rückkaufswert zweifellos einen Vermögenswert darstellen, zur Behebung der Bedürftigkeit im Rahmen der Prozesskostenhilfe ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Das Gesetz sieht mit dem Verweis auf § 90 SGB XII zunächst vor, dass der Einsatz eines Kapitals einschließlich seiner Erträge nicht verlangt werden kann, wenn es der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10 a EStG oder des Abschnittes XI des EStG dient und die Ansammlung dieses Kapitals staatlich gefördert wurde (§ 90 Abs.2 Nr.2 SGB XII). Diese Voraussetzung ist bei der Lebensversicherung der Antragsgegners nicht gegeben, da sie keiner Bindung unterliegt und jederzeit gekündigt werden kann. In diesem Sinne ist das Schreiben der Allianz-Versicherung vom 19. Dezember 2008 mit der Mitteilung des Rückkaufswertes für die Lebensversicherung für den fall der Kündigung zu verstehen.

Nach § 90 Abs.2 Nr.9 SGB XII darf die Bewilligung von Sozialhilfe - hier Prozesskostenhilfe - nicht von dem Einsatz kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte abhängig gemacht werden. Ein kleinerer Betrag (sog. Schonvermögen) ist nach der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs.2 Nr.9 SGB XII vom 27. 9. 2003 gegeben, wenn 2.600 EUR zuzüglich 256 EUR für jede Person, für die Unterhalt geleistet wird, nicht überstiegen werden. Auch diese Voraussetzung ist hier bei dem von der Versicherung mitgeteilten voraussichtlichen Auszahlungsbetrag der Lebensversicherung nicht gegeben.

Ist das vorhandene Kapital nicht mit staatlicher Förderung angesammelt worden und ist das Schonvermögen in der angegeben Höhe nicht berührt, so scheidet die Zumutbarkeit des Vermögenseinsatzes nur dann aus, wenn dies für den Antragsteller und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte, insbesondere im Hinblick auf die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bedeuten würde (§ 90 Abs.3 SGB XII). Die oben angesprochene Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung zur Frage der Zumutbarkeit des Kapitaleinsatzes und hierbei insbesondere des Einsatzes von Lebensversicherungen beruht auf der unterschiedlichen Bewertung dieser Härteregelung. Dabei kann nicht darauf abgestellt werden, ob die Verwertung der Versicherung für die Prozesskosten mit einem wirtschaftlichen Verlust verbunden wäre (so aber OLG Bamberg JurBüro 1991, 977), wie ihn eine vorzeitige Vertragsbeendigung durch Kündigung oder eine Beleihung der Versicherungssumme zur Folge hätte. Nach der Beschränkung der Nachteile aus einer Vertragskündigung durch den Ausschluss des bis dahin üblichen Stornoabzuges durch BGHZ 164, 297 dürfte eine solche Einschätzung nicht mehr gerechtfertigt sein. In BVerwGE 106, 105 ist eine Härte im Sinne des § 90 Abs.3 SGB XII verneint worden bei einem Rückkaufswert, der um Mehr als die Hälfte hinter den vom Versicherten erbrachten Leistungen zurück blieb. Ob dem zu folgen ist, kann hier dahinstehen, da der Antragsgegner sich auf die Vorlage der Versicherungsmitteilung beschränkt und keine finanziellen Einbußen bei Kündigung der Versicherung dargelegt hat, die eine Härte in dem angesprochenen Sinn darstellen könnte.

Eine Partei, die Prozesskotenhilfe in Anspruch nehmen will, kann zumindest dann auf eine mit wirtschaftlichen Nachteilen verbundene Verwertung einer Lebensversicherung verwiesen werden, wenn ihr in diesem Fall trotzdem im Ergebnis ein das Schonvermögen deutlich übersteigender Betrag verbleibt(OLG Karlsruhe NJOZ 2005, 2559). Dies ist hier der Fall. Wesentliches Kriterium bei der Beurteilung des Vorliegens einer Härte ist die Frage, ob der Antragsteller bei einer ähnlichen existenziellen finanziellen Notlage auf sein Vermögen zurückgreifen würde. Dies ist nicht nur bei der Beeinträchtigung der notdürftigen Lebenshaltungskosten, sondern auch bei den Kosten für die Führung eines Unterhaltsprozesses, bei dem...

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