Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeitsversicherung und Krankentagegeldversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Zu einem Fall, in dem nach Depression mit schwerer Episode und besonderen Anforderungen des Berufs keine Berufsunfähigkeit eingetreten ist, wohl aber trotz Besserung des Gesundheitszustands für gewisse Zeit noch Arbeitsunfähigkeit bestand.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 18 O 74/13)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12. Februar 2014 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Krankentagegeldversicherung des Klägers zum Versicherungsschein Nr. 512/23203235 unbeendet über den 26. Juli 2012 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 58.464,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 1.305,00 Euro seit dem 1. August 2012, aus weiteren 8.091,00 Euro seit dem 1. September 2012, aus weiteren 7.830,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, aus weiteren 8.091,00 Euro seit dem 1. November 2012, aus weiteren 7.830,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, aus weiteren 8.091,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, aus weiteren 8.091,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, aus weiteren 7.308,00 Euro seit dem 1. März 2013 sowie aus 1.827,00 Euro seit dem 20. März 2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 1.761,08 Euro (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) zu zahlen.

Im Übrigen werden Klage und Berufung zurückgewiesen.

Auf die Eventualwiderklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, 4.025,17 Euro an die Beklagte zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz.

Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen der Kläger 6 % und die Beklagte 94 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um den Fortbestand einer Krankentagegeldversicherung sowie um Krankentagegeldleistungen für den Zeitraum vom 26.07.2012 bis einschließlich 07.03.2013. Die Beklagte hat die seit dem 18.10.2010 erbrachten Leistungen eingestellt und die Versicherung für beendet erklärt, weil der Kläger seit dem 26.04.2012 berufsunfähig sei.

Ausweislich des vorgelegten Nachtrags zum Versicherungsschein von November 2011 ist ein Krankentagegeld von 261,00 Euro versichert (Bl. 13). Auf die dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen (Anlage B1, Bl. 73 ff d. A.) wird verwiesen.

Der Kläger war zuletzt als Sprecher der Geschäftsführung für ein produzierendes Unternehmen in der ...branche tätig.

Nach Auseinandersetzungen mit der Geschäftsführung wurde der Kläger im Jahr 2007 von seiner Tätigkeit mit Fortzahlung seiner Bezüge bis Sommer 2010 freigestellt.

Der Kläger ging in der Folgezeit ...

Am 06.09.2010 wurde der Kläger wegen einer depressiven Episode krankgeschrieben, worauf die Beklagte nach Ablauf der vereinbarten Karenzzeit ihre Krankentagegeldleistungen aufnahm.

Von Oktober bis Dezember 2010 unterzog sich der Kläger mit der Diagnose einer schweren depressiven Episode einer stationären Behandlung in der T-Klinik (Bl. 82 ff, 86 ff d. A.), in deren Verlauf zusätzlich der Verdacht auf Myokarditis diagnostiziert wurde (Bl. 86).

Im Jahr 2011 ließ die Beklagte ihn zweimal begutachten (Anlagen B 4 und B5, Bl. 88 ff, Bl. 98 ff d. A.) und wies darauf hin, dass die seit Anfang 2011 durchgeführte ambulante Therapie unzureichend sei, weshalb zu einer stationären Rehabilitationsmaßnahme geraten werde (Anlage B 6, Bl. 114 d. A.).

Im Jahr 2011 erkrankte die Ehefrau des Klägers an .... Nach Abschluss ihrer Rehabilitationsbehandlung planten der Kläger und seine Ehefrau ihren Umzug nach D, wo ...

Im Februar 2012 ...

Zuvor durchlief der Kläger vom 12.01. bis zum 08.03.2012 eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der W Klinik, aus der er weiterhin arbeitsunfähig, aber mit der Aussicht, binnen sechs Monaten seine Arbeitsunfähigkeit wieder zu erlangen, entlassen wurde. Auf den Entlassungsbericht vom 19.03.2012 wird Bezug genommen (Bl. 26 ff d. A.).

Die Beklagte ließ den Kläger am 26.04.2012 von der Sachverständigen Dr. G erneut begutachten. Die Sachverständige kam im Gutachten vom 27.04.2012 zu dem Ergebnis, dass nicht absehbar sei, wann der Kläger seine Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit wieder erlange (Bl. 16 ff d. A.). Die Beklagte stellte darauf mit Schreiben vom 14.05.2012 fest, dass die Krankentagegeldversicherung wegen mehr als 50%-iger Berufsunfähigkeit beendet sei und kündigte an, das Krankentagegeld nur noch bis zum Ende der Nachhaftungszeit am 26.07.2012 zu zahlen (Bl. 15 d. A.).

Der Kläger ließ sich in der Folgezeit weiter von der Psychiaterin Dr. A ambulant behandeln. Auf die zur Akte gereichten Kopien der Behandlungsunterlagen (lose geheftet) sowie auf die erstellt...

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