Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 26.08.2011; Aktenzeichen 45 O 55/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 26. August 2011 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer für Handelssachen des Landgerichts Essen abgeändert:

Der Antragsgegnerin wird unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher zu werben, ohne die Anschrift des Unternehmers anzugeben, wenn dies geschieht wie in dem Prospekt “N„ (Anlage A1).

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A.

Die Antragsgegnerin warb in dem im Juli 2011 im Verkehr befindlichen Werbeprospekt "N" für Kleidung und Wäsche mit herabgesetzten Preisen (Anlage A 1). Die Antragsgegnerin als solche gab dabei weder ihre Identität noch ihre Anschrift an. Hingewiesen wurde auf die Bezeichnung "Y" als Marke und Unternehmenskennzeichen und die Internetanschrift www.Y.de. Ferner wurden auf der letzten Seite des Prospektes die Namen der Städte angegeben, in denen die Warenangebote des Prospektes zu finden waren, teilweise mit weiteren örtlichen Hinweisen auf die Filialen. Bereits in Werbeprospekten von Mai und Dezember 2010, die dem Antragsteller vorlagen und die er wegen anderer Verstöße (Werbung mit Testergebnissen ohne hinreichenden Hinweis auf die Quelle) zum Gegenstand einer Abmahnung machte, wurde in vergleichbarer Weise verfahren, was die Identität und Anschrift der Antragsgegnerin anging.

Der Antragsteller sah in dieser Art von Werbung für konkrete Warenangebote ohne Angabe der exakten Identität und der Anschrift der Anbieterin einen Verstoß gegen § 5 a Abs. 3 Nr. 2 UWG und mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26.07.2011 erfolglos ab. Zur Dringlichkeit hat der Antragsteller vorgetragen, dass er von dem Werbeprospekt und dem Verstoß der Antragsgegnerin erst am 25.07.2011 Kenntnis erlangt habe. Trotz der Vorbefassung mit den früheren Prospekten habe er den hier in Rede stehenden Wettbewerbsverstoß und insbesondere die Bedeutung der Pflichten des § 5 a Abs. 3 Nr. 2 UWG 2008 im Rahmen einer solchen Art von Prospektwerbung erst nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 31.03.2011 kennengelernt, nachdem er von Rechtsanwalt X auf die Rechtsproblematik hingewiesen worden sei.

Die Antragsgegnerin hat sich gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung verteidigt und gemeint, es fehle hier bereits an einem Verfügungsgrund. Dem Antragsteller sei es angesichts der Kenntnis von Prospekten mit vergleichbarem Inhalt bereits im Mai 2010 möglich und zumutbar gewesen, den jetzt beanstandeten Verstoß mit abzumahnen. Die Antragsgegnerin hat insoweit geltend gemacht, dass grundsätzlich schon die Kenntnis der relevanten Tatsachen ausreiche, die den Wettbewerbsverstoß begründeten, wobei die grob fahrlässige Unkenntnis der positiven Kenntnis gleichstehe. Die hier relevanten Tatsachen in Form der Art der Angabe von Identität und Anschrift seien dem Antragsteller im Juli 2011 durch die ihm vorliegenden Prospekte zwangsläufig bereits mehr als ein Jahr bekannt gewesen. Wenn dem Antragsteller allerdings als Wettbewerbsverein die seit 2008 geltende Vorschrift des § 5 a UWG tatsächlich bis März 2011 unbekannt geblieben wäre, wie er behaupte, sei ihm mangels geeigneter persönlicher und sachlicher Ausstattung schon die Antragsbefugnis abzusprechen. Jedenfalls hätte er grob fahrlässig gehandelt. Die Verfahrensweise, die erkennbaren Verstöße nach und nach isoliert abzumahnen, sei auch rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG. In jedem Fall fehle es auch an einem Verfügungsanspruch, weil mit der Verwendung der bekannten Marke und des Unternehmenskennzeichens "Y" schon ausreichende Hinweise auf die Identität der Antragsgegnerin vorlägen. Insoweit hat die Antragsgegnerin auf ein Arbeitspapier der EU-Kommission zur Auslegung der EU-Richtlinie verwiesen. Es komme hinzu, dass jedenfalls die über die Internetseite www.Y.de bereitstehenden Angaben zur Identität im Hinblick auf das für die Werbung verantwortliche Unternehmen ausgereicht hätten. Das folge aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12.05.2011 (GRUR 2011, 726 ff).

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es an einem Verfügungsgrund fehle. Der Antragsteller könne sich nicht auf die Dringlichkeitsvermutung berufen. Denn im Dezember 2010 habe eine Kenntnis bzw. wenigstens eine grob fahrlässige Unkenntnis des Antragstellers vorgelegen. Dem lasse sich nicht der Vortrag des Antragstellers entgegenhalten, er habe erst im Juli 2011 den gerügten Wettbewerbsverstoß zur Kenntnis genommen. Es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass die Antragsgegnerin jedenfalls seit Dezember 2010 das hier beanstandete Firmenemblem benutze und den Verweis auf ihren Internet-Auftritt vorgenommen habe. Die Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß bereits Ende 2010 folge schon daraus, dass der Antragsteller den erwähnten Prospektinhalt eb...

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