Leitsatz (amtlich)
Relative Verkehrsuntüchtigkeit eines Fußgängers beim Überqueren einer Straße bei Dunkelheit.
Normenkette
AUB 88 § 2 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 15 O 158/00) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 7.5.2001 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Leistungen aus zwei Unfallzusatzversicherungen in Anspruch.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Kläger zu 2) und 3), war von seinem Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten durch zwei Lebensversicherungen sowie Unfallzusatzversicherungen zu den „Bedingungen für die Unfall-Zusatzversicherung” der Beklagten (Anl. 1 zur Klage, Anh. C – Bl. 21 GA) versichert.
Die vereinbarten Bedingungen enthalten in ihrem § 3 Abs. 2 unter lit. d) folgenden Ausschluss:
Ausgeschlossen von der Versicherung sind jedoch:
Unfälle infolge von Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, und zwar auch dann, wenn sie durch Trunkenheit verursacht worden sind.
Bezugsberechtigt aus den abgeschlossenen Versicherungsverträgen war der Versicherte, Unterbezugsberechtigte im Todesfall die Klägerin zu 1).
Der Versicherte ist am 13.3.1999 infolge eines Verkehrsunfalls verstorben.
Die Klägerin zu 1) nahm am 12.3.1999 mit ihrem Ehemann an einer Geburtstagsfeier ihres Schwagers teil. Die Feier fand etwa 200 m von der Wohnung der Familie in dem Haus „…” in O. statt. Während der Feier wurde Alkohol konsumiert. Die Klägerin zu 1) verließ die Feier am 13.3.1999 gegen 2.30 Uhr und begab sich nach Hause. Ihr Ehemann versprach, alsbald nachzukommen. Er verließ die Feier gegen 2.50 Uhr.
Um 5.10 Uhr wurde der Ehemann der Klägerin zu 1) auf der Landstraße 792 zwischen O. und S. in Höhe KM 1,929 als Fußgänger von dem Pkw VW-Polo des Fahrers … erfasst und in den Straßengraben geschleudert. Er verstarb an der Unfallstelle infolge eines schweren Schädel-Hirn-Traumas. Eine dem Verstorbenen um 8.23 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,80 Promille im Leichenblut.
Die Beklagte lehnte vorprozessual mit Schreiben vom 26.10.1999 ihre Eintrittspflicht aus den Unfallzusatzversicherungen unter Hinweis auf § 3 Abs. 2d) ihrer Bedingungen ab.
Die Klägerin hat während dieses Rechtsstreits am 24.5.2000 die Abtretung von Teilforderungen i.H.v. jeweils 13.606,50 DM aus der Unfallzusatzversicherung Nr. … an die Klägerin zu 2) und den Kläger zu 3) erklärt (Abtretungserklärung Bl. 73 GA).
Die Kläger haben behauptet, der Versicherte habe die Geburtstagsfeier des Schwagers ohne erkennbare Ausfallerscheinungen verlassen. Zuvor habe er noch beim Abräumen geholfen. Was er nach dem Verlassen der Feier unternommen habe, sei unbekannt. Nachforschungen hätten ergeben, dass er als Anhalter im Pkw des Zeugen K. gegen 4.30 Uhr von O. nach S. mitgefahren und von dem Zeugen am A. Markt abgesetzt worden sei. Von dort aus müsse er zu Fuß auf der Landstraße nach O. zurückgegangen sein. Es spreche alles dafür, dass er in Höhe der Unfallstelle die Straße habe überqueren und in den Wirtschaftsweg einbiegen wollen, um sich dort in einem Jagdgebiet umzusehen, das anzupachten er beabsichtigt habe. Beim Überqueren der Straße sei er kurz vor Erreichen der Gegenseite von dem Pkw erfasst worden. Die Fehleinschätzung der Geschwindigkeit sei nicht alkoholbedingt gewesen, sondern derartige Fehleinschätzungen seien auch bei nicht alkoholisierten Fußgängern häufig zu beobachten.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an die Klägerin zu 1) 77.117 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14.4.1999 zu zahlen,
2. an die Klägerin zu 2) 13.606,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14.4.1999 zu zahlen,
3. an den Kläger zu 3) 13.606,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14.4.1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, der Versicherte habe sich im Zeitpunkt des Unfalls in einem Zustand alkoholbedingter Bewusstseinsstörung befunden und deshalb die Unfallsituation verkannt. Ferner hat sie die Wirksamkeit der Abtretung der Ansprüche an die Kläger zu 2) und 3) in Zweifel gezogen.
Das LG hat die Ermittlungsakten 38 Js 429/99 StA Münster sowie die Akten 15 O 168/00 LG Münster zu Beweiszwecken beigezogen und verwertet. Ferner ist ein gerichtsärztliches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D. vom 19.2.2001 sowie ein toxikologisches Zusatzgutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 20.2.2001 eingeholt worden. Aufgrund der erhobenen Beweise hat das LG als erwiesen angesehen, dass Herr … zur Unfallzeit alkoholbedingt nicht mehr in der Lage war, die verkehrsbedingte Gefahrenlage zu beherrschen und hat die Klage abgewiesen; auf den Inhalt des Urteils wird Bezug genommen.
Dieses Urteil greifen die Kläger unter ...