Leitsatz (amtlich)
Verteidigt sich der Versicherungsnehmer gegen eine Ablehnung der Leistungspflicht durch den Unfallversicherer wegen alkoholbedingter Bewusstseinsstörung mit der Behauptung, der festgestellte Blutalkoholwert beruhe auf einem Nachtrunk, so ist er dafür beweispflichtig. Das gilt auch für einen behaupteten Sturztrunk vor dem Unfall.
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.4.2012 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen - 9 O 608/10 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Versicherungsschutz der Klägerin aus der streitgegenständlichen Unfallversicherung ist für den Unfall vom 12.12.2009 gem. Nr. 5.1.1. der dem Vertrag zugrunde liegenden AUB ausgeschlossen.
Die Klägerin litt zum Unfallzeitpunkt an einer alkoholbedingten, für den Unfall mitursächlichen Bewusstseinsstörung, die zur Leistungsfreiheit der Beklagten führt.
1. War ein Kraftfahrer bei einem Unfall im Straßenverkehr absolut fahruntüchtig, ist eine leistungsausschließende Bewusstseinsstörung ohne Möglichkeit des Gegenbeweises gegeben (Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., AUB 2008 Nr. 5 Rz. 13). Das gilt entsprechend für Fußgänger. Unterhalb des absoluten Grenzwertes, der bei Fußgängern bei etwa 2,0 Promille liegt (Knappmann, a.a.O.), setzt eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung voraus, dass entweder alkoholtypische Ausfallerscheinungen vorliegen oder das festgestellte verkehrswidrige Verhalten typischerweise durch Alkoholgenuss bedingt ist (vgl. BGH VersR 1988, 733; Knappmann, a.a.O., m.w.N.). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die versicherte Person an einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung litt, trägt der Versicherer, wobei es hinsichtlich der Alkoholisierung grundsätzlich genügt, wenn er sich auf einen im Ermittlungsverfahren festgestellten Blutalkoholkonzentrationswert beruft (BGH NJW 2002, 3112). Unstreitig war die Klägerin zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert. Im Hinblick auf die zugrundezulegende Blutalkoholkonzentration und unter Berücksichtigung des zum Unfall führenden groben Fehlverhaltens der Klägerin bestehen an einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung zum Unfallzeitpunkt keine Zweifel.
a. Bei der Klägerin wurde am Unfalltag um 20.15 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von 1,92 Promille festgestellt, die an den absoluten Grenzwert für Fußgänger von etwa 2,0 Promille heranreicht. Soweit die Klägerin geltend macht, wegen eines Sturztrunkes sei die Resorptionsphase zum Unfallzeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen, weshalb von der um 20.15 Uhr festgestellten BAK nicht auf eine absolute Verkehrsuntüchtigkeit um 18.00 Uhr geschlossen werden könne, ist ihr nicht zu folgen.
Verteidigt sich der Versicherungsnehmer gegen eine Ablehnung der Leistungspflicht wegen alkoholbedingter Bewusstseinsstörung mit der Behauptung, der festgestellte Blutalkoholwert beruhe auf einem Nachtrunk, so ist er dafür beweispflichtig (KG, RuS 1998, 525; OLG Nürnberg VersR 1984, 436; OLG Oldenburg VersR 1984, 482). Dies folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, dass in der Unfallversicherung derjenige, der trotz objektiv festgestellter absoluter Fahruntüchtigkeit das Vorliegen eines Leistungsausschlusses bestreitet, dies auch zu beweisen hat (KG, a.a.O.). Für einen behaupteten Sturztrunk vor dem Unfall gilt nichts anderes. Für ihre Behauptung, sie habe erst kurz vor dem Unfall eine Flasche trockenen Weißwein getrunken, hat die Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats keinen Beweis angetreten, weshalb dieses Trinkverhalten nicht festgestellt werden kann. Mit ihrem Einwand, ein Beweisantritt für den behaupteten Sturztrunk sei nicht erforderlich, weil die Beklagte diesen erstinstanzlich nicht wirksam bestritten habe, dringt die Klägerin nicht durch. Es ist nicht ersichtlich, dass das Bestreiten des Sturztrunkes im Schriftsatz der Beklagten vom 30.8.2011 verspätet erfolgt wäre und zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt hätte. Davon abgesehen kann eine fehlerhafte Zulassung in erster Instanz mit der Berufung nicht beanstandet werden, (vgl. Huber in Musielak, ZPO; 9. Aufl., § 296 Rz. 36).
b. Auch soweit die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 28.8.2012 geltend macht, der Grundsatz, dass der Versicherer seiner Darlegungs- und Beweislast für eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung genüge, indem er sich auf die im Ermittlungsverfahren festgestellte Blutalkoholkonzentration berufe (vgl. BGH, a.a.O.), greife vorliegend nicht ein, kann ihr nicht gefolgt werden.
Insoweit verkennt sie, dass das von ihr behauptete Trinkverhalten allenfalls dazu führen könn...