Leitsatz (amtlich)

Der Umstand, dass ein Pkw-Fahrer auf die Gegenfahrbahn geraten und dort mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidiert ist, ist als Grundlage für einen Anscheinsbeweis ungeeignet, wenn feststeht, dass ihm in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Kollision ein weiterer überholender Pkw entgegengekommen ist.

 

Normenkette

ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Aktenzeichen 1 O 60/01)

 

Tenor

Die Berufungen aller Rechtsmittelführer gegen das am 1.2.2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 1 des LG Detmold werden mit der Maßgabe nachfolgender Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung sowie der Klarstellung zum Feststellungsausspruch, dass die Beklagten nur verpflichtet sind, für alle zukünftigen materiellen Schäden des Klägers zu 2) einzustehen, zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtszuges erster Instanz werden so verteilt:

Von den Gerichtskosten tragen der Kläger zu 2) 73 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 25 % und der Beklagte zu 1) weitere 2 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 74 % und der Beklagte zu 1) weitere 26 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 18 % und der Beklagte zu 1) weitere 3 %.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 2) zu 70 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger zu 2) zu 76 %.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden so verteilt:

Von den Gerichtskosten tragen der Kläger zu 2) 80 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 15 % und der Beklagte zu 1) weitere 5 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 70 % und der Beklagte zu 1) weitere 26 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 7 % und der Beklagte zu 1) weitere 3 %.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 2) zu 76 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger zu 2) zu 85 %.

Die Kosten des Streithelfers der Kläger trägt der Beklagte zu 1).

Im Übrigen tragen die Parteien ihre Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger zu 2) darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor in derselben Höhe Sicherheit leisten.

 

Tatbestand

Die Parteien begehren wechselseitig Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall am 26.10.1998 gegen 17:00 Uhr auf der L 712 (Ostwestfalenstraße) außerorts von …, bei dem der vom Kläger zu 2) in Richtung … geführte Pkw VW-Polo der Klägerin zu 1) in seiner Fahrspur mit dem in der Gegenrichtung geführten Pkw Opel-Omega des Beklagten zu 1), der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, kollidierte, nachdem der Beklagte zu 1) mit dem Opel teilweise nach rechts von der Fahrbahn abgekommen, ins Schleudern und dadurch in die Fahrspur des Klägers geraten war. Zum Unfallhergang streiten die Parteien vornehmlich darum, ob und in welchem Maß den Beklagten ein behauptetes verkehrswidriges Überholmanöver eines Dritten, wie der Kläger aus seiner Gegenrichtung kommenden Pkw-Führers, der ihn zu seiner ruckartigen Ausweichlenkung nach rechts gezwungen habe, entlastet.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin hat ihre Berufung gegen dieses Urteil vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Der Kläger verfolgt mit seinem Rechtsmittel den Schmerzensgeldantrag weiter sowie die Zahlungsklage noch wegen dreier Positionen des materiellen Schadens. Die Beklagten begehren mit ihrer Berufung volle Klageabweisung, der Beklagte zu 1) darüber hinaus Verurteilung beider Kläger nach seinem Widerklageantrag.

Der Kläger verficht weiterhin ein Verschulden des Beklagten am Zustandekommen des Verkehrsunfalls, für das auf Grund seines Abkommens von der Fahrbahn und Herüberschleuderns in seine, des Klägers, Fahrspur schon der Anscheinsbeweis streite. Es habe kein dem Beklagten in dessen Fahrspur als Überholer entgegenkommender Pkw diesen zum Ausweichen gezwungen. Die Aussage der Zeugin A. im Ermittlungsverfahren beinhalte das nicht. Dagegen belegten die Aussagen K.s und F.s, dass der Beklagte nah am Mittelstreifen fuhr, mithin ausreichende Sicht auf den Gegenverkehr gehabt haben müsse.

Darüber hinaus ergebe sich das Verschulden des Beklagten nach seinem eigenen Vortrag daraus, dass er bereits „hart am Seitenstreifen” fahrend, mit einer moderaten Lenkbewegung ohne von der Fahrbahn abzukommen dem angeblich in seiner Fahrspur entgegenkommenden Fahrzeug auf den 1,60 m breiten Seitenstreifen hätte ausweichen können.

Hinsichtlich des materiellen Schadens begehrt der Kläger noch Ersatz der Pos. 8, 10 und 11 der Tabelle des landgerichtlichen Urteils, das sind:

a) Trinkgelder für Krankenhauspersonal 700 DM

b) Beitrag für Sportstudio für 12 Monate 946 DM

c) Handballverein-Jahreskarte 575 DM

Das bereits mit vorgerichtlic...

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