Leitsatz (amtlich)
§ 284 BGB erfasst Aufwendungen vor Abschluss des Vertrages nicht, die der Anspruchsteller getätigt hat, um eine Entscheidungsgrundlage dafür zu haben, ob er den Vertrag zu den ihm angebotenen Konditionen abschließen soll (hier: Sachverständigenkosten wegen eines Gutachtens über die Höhe des Verkehrswertes einer angebotenen Immobilie).
Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 14.01.2016; Aktenzeichen 4 O 269/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 14.01.2016 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Hagen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.354,88 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 17.09.2015 zu zahlen
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu 82 % der Beklagte und zu 18 % die Klägerin; die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 42 % der Beklagte und zu 58 % die Klägerin
Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Klägerin ist ein in der Gesellschaftsform einer GmbH organisiertes Unternehmen, das sich mit der Vermietung von Wohnraum befasst. Als die örtliche Gemeinde angesichts der sich abzeichnenden Flüchtlingsströme nach Europa im Jahre 2014 einen erhöhten Bedarf an Mietwohnungen für Flüchtlinge andeutete, entschloss sich die Klägerin, eine geeignete Immobilie zu erwerben.
Der Beklagte ist Eigentümer eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks, welches sich für die Zwecke der Klägerin grundsätzlich zu eignen schien. Die Parteien traten deshalb im Jahre 2014 in Kaufvertragsverhandlungen über das Grundstück ein, die in den Grundstückskaufvertrag vom 8.4.2015 (Urkundenrolle Nr. .. ./. .. des Notars T in X) einmündeten.
Zu einer Durchführung des Kaufvertrages kam es aber nicht, weil die Klägerin vom Vertrag zurückgetreten ist, nachdem es dem Beklagten nicht möglich war, die Belastung durch ein Erbbaurecht, welches in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen ist, zum Erlöschen zu bringen.
Nachdem die Klägerin vom Kaufvertrag zurückgetreten war, hat sie den Beklagten auf Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz in Anspruch genommen.
Das LG hat den Beklagten mit dem angefochtenen Urteil zur Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 17.505,26 EUR und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 EUR je nebst Zinsen verurteilt. Davon entfiel ein Teil von 3.150,38 EUR einschließlich Mehrwertsteuer auf ein Gutachten zur Ermittlung des Verkehrswerts und von Instandsetzungskosten, welches die Klägerin vor Beurkundung des notariellen Kaufvertrags vom 8.4.2015, nämlich Im Dezember 2014, in Auftrag gegeben hatte. Ferner hat es den Beklagten zur Erstattung von Vertragskosten, Maklercourtage und von Reparaturkosten verurteilt. Auf diese Beträge entfiel Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 2.244,46 EUR.
Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Erstattung der Gutachterkosten, der anteiligen Mehrwertsteuer auf obige Positionen und die darauf entfallenden Teile der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Seine Verpflichtung, Schadens- oder Aufwendungsersatz zahlen zu müssen, stellt er dem Grunde nach nicht in Abrede. Er rügt aber die Verurteilung zur Zahlung der Gutachterkosten. Das Gutachten habe die Klägerin vor Vertragsschluss in Auftrag gegeben. Für das Entstehen der Gutachterkosten sei ein Verstoß gegen seine vertraglich übernommenen Pflichten nicht ursächlich. Das Gutachten habe die Klägerin im Vorfeld des Vertragsschlusses in Auftrag gegeben, um ihre eigene Investitionsentscheidung treffen zu können. Diese Kosten wären auch entstanden, wenn die Parteien überhaupt nicht zu einem Vertragsschluss gelangt wären. Die Klägerin sei als juristische Person und Gewerbetreibende vorsteuerabzugsberechtigt, weshalb sie von ihm nur die Nettobeträge der obigen Positionen erstattet verlangen könne. Deshalb könne auch die Verurteilung zur Zahlung anteiliger Mehrwertsteuer keinen Bestand haben.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Der Beklagte habe das Grundstück zum Kauf angeboten. Allein das begründe ein Schuldverhältnis, dessen Verletzung Schadensersatzansprüche zur Folge habe. Sie habe das Gutachten nur eingeholt, weil das Grundstück zum Verkauf gestanden habe Im Übrigen sei sie zwar Gewerbetreibende, sie führe aber keine Umsatzsteuer ab, weil sie sich ausschließlich -was zwischen den Parteien unstreitig ist - mit der Vermietung von Wohnraum befasse, was nicht umsatzsteuerpflichtig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil und die in der Akte befindlichen Schriftsätze Bezug genommen.
B. Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur teilweise Erfolg.
I. Der Berufung ist begründet, soweit das LG der Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.150,38 EUR wegen der Sachverständigenkosten zugesprochen hat.
1. Z...