Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 20.09.1988; Aktenzeichen 12 O 163/88) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Bochum 20. September 1988 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlußberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers liegt unter 40.000,– DM.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger kann von dem Beklagten Zahlung von 7.920,– DM als Entgelt für die Überlassung von 22 Hotelbetten in … seinem Hotel in der Zeit vom 14. bis 31. Mai 1988 nicht verlangen.
Der Vertrag der Parteien vom 22. November 1987 enthält keine Anspruchsgrundlage. Der Beklagte hat bei dem Kläger nicht 22 Hotelbetten fest bestellt. Verträge sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Für die Auslegung kommt es nach § 133 BGB nicht auf den buchstäblichen Sinn eines einzelnen Ausdruckes an; maßgebend ist vielmehr der Gesamtzusammenhang des Vertragstextes sowie der Zweck des Vertrages und die Interessen der Parteien. Der Beklagte betreibt ein Reisebüro; er befördert Busreisegesellschaften und bringt sie in Ferienorten in Hotelzimmern unter. Es kann nicht ernsthaft angenommen werden, daß der Beklagte bei Vertragsunterzeichnung im November 1987 die Entwicklung des Reisegeschäfts nach … im Jahre 1988 so sicher voraussehen konnte, daß er für die gesamte Reisesaison 22 Betten, fest bestellen und damit eine Verbindlichkeit in Höhe von mehr als 100.000,– DM übernehmen konnte und wollte. Dies war auch dem Kläger bei objektiver und verständiger Würdigung des Geschäfts klar. Aus der Verwendung des Wortes „Fixbuchung” in Ziffer 2 des Vertrages kann eine feste Bestellung nicht entnommen werden. Der Ausdruck kann nur im Zusammenhang des gesamten Vertrages richtig verstanden werden. In Ziffer 1 des Vertrages verpflichtete sich der Beklagte, das Hotel des Klägers in sein (Busreise-)”Programm aufzunehmen”. Der Beklagte verpflichtete sich also, seinen Kunden im Jahre 1988 Reisen in das Hotel des Klägers in … anzubieten und hierfür, insbesondere in einem Katalog, zu werben. In Ziffer 2 verpflichtete sich der Kläger, dem Beklagten in seinem Hotel in der Vor- und Hauptsaison zu den im einzelnen genannten Zeiten ein ständiges Kontingent von 22 Betten bereitzuhalten. Der Ausdruck „Fixbuchung” bezieht sich auf das Bettenkontingent und legt dieses zahlenmäßig fest. Ziffer 3 und 4 des Vertrages regeln die Preise der Hotelbetten, für den Fall, daß die Zimmer in Anspruch genommen werden, und die Abrechnung. Es handelt sich damit um einen in der Reisebranche verbreiteten typischen Hotelreservierungsvertrag (BGH NJW 1977, 385 ff; OLG Frankfurt NJW RR 86, 911 ff; Bartl, Der Hotelreservierungsvertrag, Transportrecht 1982, 57 ff). Dieser Vertrag dient dem Ausgleich der Interessen eines Hoteliers und eines Reiseveranstalters. Der Hotelier hat ein Interesse daran, seine Leistungen mit Hilfe eines Reiseveranstalters zu vertreiben. Der Reiseveranstalter andererseits will seinen Kunden bestimmte Hotelleistungen anbieten und hierfür auf eine Kontingent von Betten in einem bestimmten Hotel zurückgreifen können. Ein Beherbungsvertrag, der den Reiseveranstalter zur Bezahlung der Hotelzimmer verpflichtet, wird damit noch nicht geschlossen. Der Reiseveranstalter ist lediglich verpflichtet, mit dem Hotelier Beherbungsvertrage abzuschließen, wenn er eine ausreichende Zahl von Bestellungen vorliegen hat. Insoweit ist der Hötelreservierungsvertrag ein Vorvertrag. Als Nebenpflicht ergibt sich für den Reiseveranstalter die Verpflichtung, den Hotelier darüber zu informieren, daß er das Bettenkontingent in Anspruch nimmt. Diese Informationspflicht wird im allgemeinen in einem Hotelreservierungsvertrag im einzelnen ausgestaltet sein, was jedoch bei dem Vertrag der Parteien nicht der Fall ist. Da der Beklagte die Betten für die Zeit vom 14. bis zum 31. Mai 1988 nicht fest bestellt hat, ist er zur Bezahlung des Zimmerpreises von 7.920,– DM nicht verpflichtet.
Auch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung des Hotelreservierungsvertrages ist nicht begründet.
Der Kläger macht insoweit geltend, der Beklagte habe das Hotel entgegen Ziffer 1 des Vertrages nicht in sein Programm aufgenommen. Ein Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB ist insoweit nicht gegeben, weil der Kläger es unterlassen hat, dem Beklagten eine Frist mit Ablehnungsandrohung zu setzen.
Die Fristsetzung war nicht entbehrlich. Der Kläger mußte und konnte sich zu Beginn des Jahres 1988, als die Werbung der Reiseveranstalter für das Jahr 1988 begann, davon überzeugen, ob der Beklagte das Hotel in sein Programm aufgenommen hatte; er konnte dem Beklagten eine Frist zur Erfüllung des Vertrages setzen. Sein Interesse an der Vertragserfüllung war in diesem Zeitpunkt noch nicht entfallen. Ob der Beklagte zwei Kunden abgewiesen hat, wie der Kläger behauptet, ist unerheblich, weil der Beklagte nicht verpflicht...