Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrssicherungspflicht des Betreibers eines Großhandelsmarktes

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 6 O 453/99)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.11.1999 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.

Die Parteien können die Sicherheit durch eine unbedingte, unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank leisten.

Beschwer der Klägerin: über 60.000 DM.

 

Tatbestand

Die Beklagte betreibt in E. einen Großhandelsmarkt mit Lebensmittelbereich. Diesen besuchte die Klägerin am 3.4.1998 als Großkundin. Gegen 18.45 Uhr ging sie einen Eierkarton sowie eine Flasche Salatdressing in den Händen haltend und nach weiterer Ware schauend durch einen Gang der Feinkostabteilung. In diesem Bereich wird frische Ware nicht angeboten. Die Obst- und Gemüseabteilung befindet sich in der entgegengesetzten Ecke der Feinkostabteilung. Die Klägerin stürzte und zog sich u.a. eine Schultergelenksluxation mit Oberarmkopfimpression zu. Nach dem Unfall wurde auf dem Boden mindestens eine vier bis fünf Zentimeter lange Möhre gefunden.

Die Klägerin, die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie die Feststellung weiterer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt, hat behauptet, sie sei auf einer alten zerschrumpelten und zertretenen Karotte ausgerutscht. Diese habe, von den Mitarbeitern der Beklagten übersehen, seit geraumer Zeit auf dem Boden gelegen, obwohl die Beklagte, so hat die Klägerin gemeint, zur Erfüllung ihrer Verkehrssicherungspflichten die Gänge alle 15 Minuten habe kontrollieren müssen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die aufgefundene Möhre sei frisch und keineswegs zertreten gewesen. Es hätten sich darin kleine Zahnabdrücke befunden, woraus zu folgern sei, dass es sich um eine Möhre gehandelt habe, die ein Kind verloren oder weggeworfen habe. Im Übrigen, so hat die Beklagte ausgeführt, habe es stetige Kontrollen durch die Mitarbeiter der einzelnen Abteilungen sowie turnusmäßige Kontrollen durch die Tagesfrau eines Reinigungsunternehmens gegeben. Außerdem sei eine gute halbe Stunde vor dem Unfall der Klägerin nahe der Unfallstelle noch von der Tagesfrau und der Zeugin G. gereinigt worden, weil dort jemand Milch verschüttet gehabt habe.

Das LG hat die Klägerin angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Sodann hat es die Klage abgewiesen, weil schon ungeklärt sei, ob die Klägerin überhaupt auf einer Möhre ausgeglitten sei. Unabhängig davon lasse sich aber auch keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten feststellen, weil nicht auszuschließen sei, dass die Möhre erst kurz vor dem Unfall zufällig auf den Boden gelangt sei.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Ziel unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags weiter. Sie behauptet nunmehr, es hätten sogar zwei Karotten auf dem Boden gelegen, und meint, die Ursächlichkeit einer Karotte für ihren Sturz habe das LG nicht als streitig ansehen dürfen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Essen vom 18.11.1999

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 5.5.1998 zu zahlen, welches einen Betrag von 60.000 DM nicht unterschreiten solle;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 3.4.1998, 18.45 Uhr im Gebäude L. 64, 45329 E. zu erstatten, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger und sonstige Dritte übergangen sind.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näheren Ausführungen und bestreitet nunmehr ausdrücklich, dass die Klägerin auf einer Möhre ausgerutscht sei.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, den Inhalt des angefochtenen Urteils sowie die Sitzungsniederschrift des LG vom 18.11.1999.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet.

Der Unfall der Klägerin vom 3.4.1998 beruht nicht auf einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten. Daher schuldet die Beklagte der Klägerin weder materiellen noch immateriellen Schadensersatz.

1. Selbst wenn die Klägerin auf einer auf dem Boden der Feinkostabteilung im Großmarkt der Beklagten liegenden Möhre ausgerutscht ist, muss ihr die Beklagte nicht den entstandenen materiellen Schaden wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung ersetzen. Als Betreiberin des Großhandelsmarktes oblag es der Beklagten zwar, für die Verkehrssich...

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