Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte durch Parteivereinbarung
Normenkette
EuGVVO Art. 2, 5, 23, 66, 76
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 08.07.2005; Aktenzeichen 22 O 66/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 8.7.2005 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Münster wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte sei nicht gegeben. Gemäß Art. 2 EuGVVO sei der Sitz der Beklagten für die internationale Zuständigkeit entscheidend, was zu einer Zuständigkeit französischer Gerichte führe.
Die Voraussetzungen des Art. 23 EuGVVO, wonach die internationale Zuständigkeit des LG Münster aufgrund Parteivereinbarung begründet werden könne, seien vorliegend nicht erfüllt. Die von dem Kläger behauptete Übung, auf der Rückseite der Rechnungen die - die Gerichtsstandsklausel enthaltenen - AGB abzudrucken, reiche insoweit nicht aus.
Auch aus Art. 5 Nr. 1b) EuGVVO lasse sich eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht herleiten. Der Ort, an dem die Ware i.S.d. Art. 5 Nr. 1b) EuGVVO tatsächlich geliefert worden bzw. zu liefern sei, sei Frankreich.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er rügt:
Das LG habe seinen Vortrag zu den Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 1a) bzw. b) oder c) EuGVVO als unsubstantiiert qualifiziert, ohne dies näher zu begründen und ohne auf die Unsubstantiiertheit hinzuweisen.
Rechtsirrig gehe das LG auch davon aus, dass sich eine internationale Zuständigkeit nicht aus Art. 5 Nr. 1b) EuGVVO ergebe. Hinsichtlich des Erfüllungsortes sei nicht auf den tatsächlichen Lieferort abzustellen. Vielmehr sei der Erfüllungsort nach dem materiellen Recht, hier nach dem CISG, zu bestimmen. Gemäß Art. 57 Abs. 1a) CISG sei D. vertraglicher Erfüllungsort. Im Übrigen hätten die Schuldnerin und die Beklagte in §§ 5 und 9 Abs. 2 der Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Schuldnerin den Geschäftssitz der Schuldnerin D. als vertraglichen Erfüllungsort vereinbart.
Der Kläger beantragt, das am 8.7.2005 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Münster aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Münster zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.
II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht hat das LG die Klage als unzulässig abgewiesen, da das LG Münster international nicht zuständig ist.
Das zuständige Gericht für die Klage des Klägers gegen die Beklagte richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (Abl. L 12/01 S. 1), EuGVVO.
Die Vorschriften der EuGVVO sind gem. Art. 66 EuGVVO anzuwenden, da die Klage nach ihrem In-Kraft-Treten am 1.3.2002, Art. 76 EuGVVO, erhoben worden ist. Es handelt sich um eine Zivilsache i.S.d. Art. 2 EuGVVO. Der erforderliche grenzüberschreitende Bezug ist bei der Klage des Klägers mit Amtssitz in Deutschland gegen die Beklagte mit Sitz in Frankreich ebenfalls gegeben.
Gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVVO ist die Beklagte, die ihren Sitz in G./Frankreich hat, vor einem Gericht ihres Staates, also vor einem französischen Gericht, zu verklagen. Denn die internationale Zuständigkeit des LG Münster ist weder durch eine Gerichtsstandsvereinbarung gem. Art. 23 EuGVVO noch als besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. Art. 5 EuGVVO begründet.
1. Eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten könnte sich nur aus § 9 Abs. 1 der TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Schuldnerin (Stand 12.2001) ergeben, in dem es heißt: "Sofern der Käufer Vollkaufmann ist, ist unser Geschäftssitz Gerichtsstand; ...". Für den Abschluss einer wirksamen Gerichtsstandvereinbarung mangelt es aber an der Erfüllung eines in Art. 23 EuGVVO vorgesehenen Formtatbestandes.
a) Eine schriftliche Vereinbarung gem. Art. 23 Abs. 1 S. 3a) 1. Alt. EuGVVO oder eine mündliche Vereinbarung mit schriftlicher Bestätigung gem. Art. 23 Abs. 1 S. 3 2. Alt. EuGVVO liegt unzweifelhaft nicht vor.
Dass jemals ein Schriftstück erstellt worden ist, in dem die Geltung der TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen vereinbart worden wäre, oder dass aus Anlass des den streitgegenständlichen Lieferungen zugrunde liegende...