Entscheidungsstichwort (Thema)
Architektenhaftpflichtversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Prüfung der Wünsche potentieller Kunden eines Bauträgers auf ihre baurechtliche Zulässigkeit ist versicherte Architektentätigkeit.
2. Im vorweggenommenen Deckungsprozess kommt es maßgeblich auf den Vortrag des Geschädigten an, aus dem dieser seine Ansprüche herleitet.
3. Wird der Zweck von vom Bauträger aufgewandter (Vermessungs-/Notar-)Kosten verfehlt, ist darauf der Erfüllungsausschluss (§ 4 Nr. 6 Abs. 3 AHB) nicht anzuwenden.
4. Die Klausel A II 3 RBB betr. den Einschluss von Schäden am Bauwerk begründet keinen Ausschluss für anderweitige Schäden.
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 30.06.2006; Aktenzeichen 15 O 552/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.6.2006 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages erbringt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm aus einer Berufshaftpflichtversicherung für Architekten Versicherungsschutz zu gewähren.
Der Kläger hat bei der Beklagten eine Berufshaftpflichtversicherung (Vers. Nr. H 33114567/4731) genommen; vereinbart sind die AHB, die "Besonderen Bedingung für die Mitversicherung von Vermögensschäden" sowie die "Risikobeschreibungen, Besondere Bedingungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren" (RBB).
Der Kläger wird von einem Auftraggeber, der K. mbH, auf Schadensersatz in Anspruch genommen.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger arbeitet mit der K. ergestalt zusammen, dass diese Grundstücksflächen entwickelt und vermarktet, wobei der Kläger bei der Aufteilung der Flächen und der Prüfung der Bebaubarkeit tätig wird. Der Kläger hat mit KOBA in dieser Weise schon bei mehreren Projekten zusammengearbeitet. Im Streitfall geht es um ein Projekt A, einer Grundstücksfläche in guter Wohnlage in H.
Die K leitete dem Kläger einen B-Plan, einen Lageplan sowie weitere Unterlagen zu, aus denen sich Gestaltungsfestsetzungen (Traufhöhe, Dachform etc) ergaben. Der Kläger forderte einen Vermessungsplan an. Er gab die Daten aus den Plänen in seinen Rechner (CAD-System) ein. Seine Aufgabe war es nun, mögliche Grundstücksaufteilungen mit den Vorstellungen und Wünschen von Kaufinteressenten abzustimmen, die ihm von K übermittelt wurden. Er hatte dabei zu überprüfen, ob bzw. in welchem Umfang die Wünsche mehrerer unterschiedlicher Interessenten realisierbar waren.
Im Streitfall ging es um die Kunden Eheleute R, die sich für ein Grundstück (Parzellen Nr. 221 und Nr. 233) interessierten und dort ein Haus mit einer Hausbreite von 7,20m errichten wollten. Der Kläger wurde bei der Planung tätig und übermittelte der K einen Aufteilungsplan, in den das Haus nach den Wünschen der Eheleute R eingearbeitet war. Der Plan wies das Haus als realisierbar aus.
Die Eheleute R erwarben die Parzellen. Es wurde ein Bauantrag vom Kläger für die Bauherren R gestellt, wozu er nach den (nur mündlichen) Absprachen mit K verpflichtet war. Aus dem als Bestandteil der Bauantragsunterlagen erstellten amtlichen Lageplan des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs D ergab sich dann, dass die Baulinien auf dem Grundstück Nr. 233 mit dem geplanten Haus überschritten wurden. Die Parzelle hätte nach den Vorgaben des Bebauungsplans nur eine Bebauung mit einem 6m breiten Haus zugelassen.
Der Kläger versuchte erfolglos, bei der Stadt einen Dispens für eine Baulinienüberschreitung zu erreichen.
In der Folge wurde zur Schadensbegrenzung ein Tausch durchgeführt, wobei die Eheleute R ein anderes Grundstück im Aufteilungsplan erwarben, auf dem ihr Haus realisiert werden konnte. Der Kauf bzgl. der Parzellen 221 und 233 wurde rückabgewickelt. Es wurden Umplanungen, so auch die Teilung einiger Parzellen und deren Zuordnung zu anderen Parzellen, erforderlich.
Die K hat verschiedene Schadenberechnungen erstellt und zuletzt mit Anwaltsschreiben vom 4.8.2005 einen Mindestschaden i.H.v. 41.000 EUR angezeigt.
Die Beklagte verweigerte Versicherungsschutz mit Schreiben vom 9.2.2005 und stellte sich auf den Standpunkt, der Kläger werde von der K wegen mangelhafter Erfüllung (§ 635 a.F. BGB) auf Schadensersatz in Anspruch genommen; bedingungsgemäß bestehe Versicherungsschutz nur, wenn es um einen Schaden am Bauwerk gehe (A II 3. RBB).
Der Kläger hat die Beklagte auf bedingungsgemäßen Versicherungsschutz in Anspruch genommen. Er hat vorgetragen, er vermöge nicht zu erklären, wie es bei seiner Planung zu der Überschreitung der Baulinien gekommen ist; er vermutet einen Fehler in der EDV.
Der Kläger hat beantragt festzustellen,
dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Versicherungsschutz für eine ...