Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 3 O 233/21) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 02.11.2022 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern,
zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen, zum Zwecke der Forderungsbeitreibung, Verbraucher per SMS zur Zahlung auf eine tatsächlich nicht bestehende Forderung aufzufordern, wenn dies geschieht wie im Folgenden abgebildet:
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger, ein in die gemäß § 4 Abs. 1 UKlaG beim Bundesamt für Justiz geführte Liste eingetragener qualifizierter Verbraucherverband, nimmt die Beklagte, die ein Inkassounternehmen betreibt, auf Unterlassung sowie auf Erstattung von Abmahnkosten nebst Zinsen in Anspruch.
Die Parteien streiten dabei im Wesentlichen darüber, ob die folgende von der Beklagten wegen einer tatsächlich nicht bestehenden Forderung am 29.01.2021 per SMS an eine Verbraucherin übersandte Zahlungsaufforderung
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als aggressive geschäftliche Handlung bzw. unzumutbare Belästigung im Sinne der §§ 4a und 7 UWG sowie - was der Kläger hilfsweise geltend macht - als Irreführung anzusehen ist.
Der streitgegenständlichen Zahlungsaufforderung vorausgegangen waren zwei von der Beklagten an die Verbraucherin auf dem Postweg versandte Mahnungen/Zahlungsaufforderungen vom 14. und 26.01.2021, wegen deren genauen Inhalts auf die vom Kläger zu den Gerichtsakten gereichten Anlagen K1 und K2 Bezug genommen wird.
Mit Schreiben vom 17.02.2021 und 12.03.2021 mahnte der Kläger die Beklagte wegen der streitgegenständlichen SMS ab und forderte sie unter Fristsetzung bis zum 03.03.2021 bzw. 26.03.2021 erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie - mit weiterer Frist - zur Auslagenerstattung auf.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 4a Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 UWG sowie aus § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG zu. Die SMS der Beklagten stelle eine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des § 4a UWG und eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 UWG dar, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Verbraucherin führe und sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze, weil mit ihr in unangemessener Weise in die Privatsphäre der angesprochenen Verbraucherin eingedrungen werde. Zudem sei in der streitgegenständlichen SMS eine irreführende geschäftliche Handlung zu erblicken, weil die angesprochene Verbraucherin mit ihr - dies ist unstreitig - zur Begleichung einer tatsächlich nicht bestehenden Forderung aufgefordert worden ist.
Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern,
zu unterlassen,
a) im Rahmen geschäftlicher Handlungen, zum Zwecke der Forderungsbeitreibung, Verbraucher per SMS zur Zahlung aufzufordern,
hilfsweise,
b) im Rahmen geschäftlicher Handlungen, zum Zwecke der Forderungsbeitreibung, Verbraucher per SMS zur Zahlung auf eine tatsächlich nicht bestehende Forderung aufzufordern,
wenn dies geschieht wie im Folgenden abgebildet:
((Abbildung))
2. an ihn 260,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter näheren Ausführungen die Ansicht vertreten, die von ihr versandte SMS stelle weder eine aggressive geschäftliche Handlung, noch eine unzumutbare Belästigung dar. Schließlich beinhalte sie auch keine Irreführung, da sie sich nicht dazu verhalte, aus welchem Rechtsgrund die angesprochene Verbraucherin zu einer Zahlung verpflichtet sein sollte. Infolgedessen sei die SMS gänzlich ungeeignet gewesen, bei der angesprochenen Person eine Fehlvorstellung über das Bestehen einer konkreten schuldrechtlichen Verpflichtung herbeizuführen. Überdies hat sie die Verjährungseinrede erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- uns Streitstands bis zum Abschluss der ersten Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, bei der streitgegenständlichen SMS handele es sich weder um eine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des § 4a UWG, noch um eine unzumutbare Belästigung im Si...