Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändbarkeit des Taschengeldanspruchs eines Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
1. In einem Drittschuldnerprozeß hat das Gericht die Frage der Pfändbarkeit nicht zu entscheiden. Es ist verpflichtet, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß als verbindlich zu betrachten, bis er in dem dafür vorgesehenen Verfahren aufgehoben ist.
2. Die Höhe des Taschengeldes bemißt sich in der Regel auf 5 – 7 % des Nettoeinkommens des Zahlungspflichtigen.
Normenkette
BGB §§ 1360, 1360a
Verfahrensgang
AG Detmold (Entscheidung vom 24.01.1984; Aktenzeichen 8 C 1103/83) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24. Januar 1984 verkündete Urteil des Amtsgerichts Detmold abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 800,– DM (achthundert Deutsche Mark) zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist seit 1970 Inhaberin einer rechtskräftig festgestellten Forderung in Höhe von 1.772,02 DM nebst Zinsen und Kosten gegen Frau …, die jetzige Ehefrau des Beklagten. Frau … hat früher als Frau … selbständig einen Baustoffhandel betrieben. Beträge auf die Schuld sind bisher nicht gezahlt worden, auch die Zwangsvollstreckung gegen Frau … ist ergebnislos verlaufen. Frau … ist nicht berufstätig. Ihr Ehemann, der Beklagte, ist Prokurist einer Maschinenfabrik und hat nach eigenen Angaben ein monatliches Nettoeinkommen von rund 4.000,– DM. Nach dem überreichten Steuerbescheid für 1982 liegt es höher.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten als Drittschuldner den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 20. Juli 1983 erwirkt, dem Beklagten zugestellt am 25. Juli 1983. Gepfändet und zur Einziehung überwiesen wurde „der Unterhaltsanspruch einschließlich Taschengeldanspruch gemäß §§ 1360a ff BGB unter Bezugnahme auf die Tabelle zu § 850c ZPO…”.
Mit Mahnbescheid vom 1. Oktober 1983 hat die Klägerin den Anspruch auf das gepfändete Taschengeld der Ehefrau für August/September 1983 in Höhe von je 200,– DM geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, die Pfändung entspreche der Billigkeit. Der Anspruch auf Taschengeld der Ehefrau betrage mindestens 5% des Nettoeinkommens des Beklagten. Der Beklagte lebe mit seiner Frau in gehobenen wirtschaftlichen Verhältnissen, der Unterhaltsanspruch der Ehefrau dürfte allein bei etwa 1.700,– DM liegen. Eine etwaige Gütertrennung berühre den Taschengeldanspruch in keiner Weise.
Die Klägerin hat – unter Erweiterung ihres ursprünglichen Antrags – beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 800,– DM zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, der Anspruch sei gemäß § 851 ZPO unpfändbar. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß er für sein Haus monatlich 1.000,– DM abzahle und an eine Tochter aus erster Ehe monatlich 350,– DM leiste. Außerdem habe seine Frau den Anspruch an ihn abgetreten, weil er für sie Schulden aus früherer Zeit getilgt habe. Sie habe auch noch vor Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf ihren Taschengeldanspruch verzichtet.
Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Pfändung entspreche nicht der Billigkeit, weil es sich um eine voreheliche Verbindlichkeit der Ehefrau des Beklagten handelt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin mit dem Antrag,
den Beklagten zur Zahlung von 800,– DM zu verurteilen.
Sie wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz und hält die Ausführungen des Amtsgerichts zur Frage der Billigkeit für verfehlt. Es sei vielmehr unbillig, daß sie, die Klägerin, seit 1970 auf die Befriedigung ihrer Forderung warte. Bei einer Pfändung der in Rede stehenden Beträge könne nicht von einer unbilligen Schmälerung des Familieneinkommens die Rede sein.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Der Familiensenat des Oberlandesgerichts ist zuständig, weil das Amtsgericht in einer Familiensache entschieden hat. Eine Familiensache liegt vor, weil der Rechtsstreit die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG) betrifft. Der Rechtsmittelzuständigkeit des Oberlandesgerichts steht auch nicht entgegen, daß anstelle des Familiengerichts die Zivilabteilung des Amtsgerichts in erster Instanz entschieden hat. Denn das Oberlandesgericht ist zweite Instanz in allen Familiensachen, unabhängig davon, ob das erste Urteil vom Familiengericht oder vom Zivilgericht stammt. Schließlich ist der Senat auch durch die Verweisung der Zivilkammer des Landgerichts gemäß § 281 ZPO zuständig geworden.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist erfolgreich und führt zur antragsgemäßen Verurteilung des Beklagten.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist im vorliegenden Verfahren die Frage, ob der Taschengeldanspruch eines Ehegatten als solcher gemäß § 850b Abs. I Nr. 2 Abs. II ZPO bedingt pfändbar oder nach § 851 ZPO unpfändbar ist, nicht zu prüfen.
Nach Auffassung des erkenn...