rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Nach dem Abbruch einer Brücke über einen schiffbaren Kanal reichen bei Dunkelheit zur Sicherung des Verkehrs vor den Gefahren eines Absturzes von der steilen Brückenrampe in die jenseitige Baustelle und das Gewässer die auch mehrfache Beschilderung mit Zeichen 250 („Verbot für Kraftfahrzeuge aller Art”) und eine bewegliche Sperrbake mit 5 Nissenleuchten auch dann nicht aus, wenn nur Anliegerverkehr zugelassen ist. Der zur Verkehrssicherung verpflichtete Unternehmer hat vielmehr mit geeigneten Mitteln, etwa einer verschließbaren Schranke, der Möglichkeit der unbefugten Benutzung der Straße Rechnung zu tragen.
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 05.06.2000; Aktenzeichen 6 O 670/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 05. Juni 2000 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise so abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.624,38 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.02.2000 zu zahlen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 488,87 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17.03.2000 zu zahlen.
Im übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/4 und die Beklagt 3/4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert keine Partei mit mehr als 60.000,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger hat die Beklagte unter dem Vorwurf einer Verkehrssicherungspflichtverletzung auf Ersatz seines mit 22.165,84 DM bezifferten Schadens in Anspruch genommen, der ihm in der Nacht vom 31.08. auf den 01.09.1999 in M. auf dem Kanalweg dadurch entstanden ist, daß sein Pkw Mazda/96 in einer Baustelle von der Rampe der inzwischen abgebrochenen Brücke über den Wesel-Dattel-Kanal (frühere Herner Brücke), die seine Ehefrau Tanja B. befahren wollte, über die Deichkrone und die Spuntwand ca. 1,5 m tief auf das diesseitige südliche Ufer des Kanals rutschte und dabei total beschädigt wurde. Die von der Beklagten am Ufer aufgebrachte Tondichtung wurde ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Insoweit hat sie vom Kläger im Wege der Widerklage ihrerseits Ersatz verlangt.
Die Beklagte war vom Wasser- und Schiffahrtsamt … D. unter Übertragung der Verkehrssicherungspflicht mit dem Abbruch der Brücke, dem Einbau von Dichtungsspuntwänden und der Anhöhung der Uferspuntwände beauftragt worden. Nach der Anordnung des Bürgermeisters der Stadt M. vom 06.01.1999 gegenüber dem Wasser- und Schiffahrtsamt waren auf der Rampe zur Brücke quer zur Fahrtrichtung über die gesamte Fahrbahn breite Schutzplanken zu setzen, die durch eine Absperrschranke kenntlich zu machen waren. Ferner war auf den Wirtschaftswegen, die zur Brücke führten, sowie im Abzweig zur Brücke je ein Sperrbock mit Durchfahrtsverbotsschild (Zeichen 250) mit fünf roten Warnleuchten aufzustellen.
Der Kläger hat behauptet, weder die Rampe zur Brücke noch die Deichkrone selbst seien zur Unfallzeit in der angeordneten Art und Weise gesichert gewesen. Am Fahrbahnrand der Brückenrampe habe lediglich in Fahrtrichtung linksseitig eine Absperrbake mit – allerdings außer Betrieb befindlichen – Nissenleuchten gestanden.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.165,84 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie
- die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
- die Klage abzuweisen sowie
- im Wege der Widerklage den Kläger zu verurteilen, an sie 1.955,48 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.
Sie hat behauptet, die Rampe zur Brücke sei am Abend zuvor durch eine quer zur Fahrtrichtung aufgestellte Absperrschranke (gemeint: Absperrbake) gesichert gewesen. Am Morgen des 01.09. seien die Leuchten der Absperrung in Betrieb gewesen, allerdings habe diese in Längsrichtung gestanden. In jedem Fall sei der Baustellenbereich nicht zu übersehen gewesen, so daß der Ehefrau des Klägers ein grobes Eigenverschulden anzulasten sei, zumal der Kanalweg durch Verbotsschilder gesperrt gewesen sei. Für die Beseitigung von Schäden an der Tondichtung seien ihr die mit der Widerklage ersetzt verlangten Kosten entstanden.
Das Landgericht hat nach uneidlicher Vernehmung von Zeugen unter Abweisung der Widerklage dem Begehren des Klägers voll entsprochen aus im wesentlichen diesen Gründen: Die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil sie die Baustelle nicht ausreichend gesichert habe. Selbst wenn sie am Vorabend des Unfalls quer zur Fahrtrichtung eine Absperrung aufgestellt gehabt habe, sei sie damit nicht entlastet. Sie habe gem. § 45 Abs. 6 StVO vor Beginn der Arbeiten bei der Straßenverkehrsbehörde Anordnungen bezüglich notwendiger Absperrmaßnahmen einholen müssen. Diese würde ihr dann aufgegeben haben, neben einer Bake auch Schutzplanken zu setzen. Die in dieser Richtung getroffene Anordnung gegenüber dem Wasser- und Schiffahrtsamt habe die Beklagte nicht von ihrer Erkundigungspflicht befreit. Allein eine Absperrbake habe zur Sicherung nicht ausgereicht, weil der Abbruch der B...