Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigentumsverletzung durch nicht fachgerechte Reparatur eines Kfz
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt, die bei Inspektionsarbeiten das fachgerechte Erneuern der Umlenkrolle unterlässt, haftet aufgrund einer deliktsrechtlichen Eigentumsverletzung, wenn ein späterer Fahrzeugerwerber mit dem Fahrzeug wegen der nicht fachgerechten Reparatur einen weiter gehenden, erheblichen Motorschaden erleidet.
2. Der dem Fahrzeug beim Erwerb durch den später geschädigten Eigentümer bereits anhaftende, deliktsrechtlich nicht geschützte „Mangelunwert” beschränkt sich auf die schadensträchtige Umlenkrolle. Deliktsrechtlich geschützt und ausgleichspflichtig ist der an den beim Erwerb noch unbeschädigten, weiteren Motorteilen entstehende Schaden.
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 09.09.2002; Aktenzeichen 3 O 202/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 9.9.2002 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Essen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.502,29 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.6.2002 zu zahlen.
Die weiter gehende Klage bleibt abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 36 % und die Beklagte 64 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Von einer Sachverhaltsdarstellung wird gem. §§ 540 Abs. 2 i.V.m. 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
B. Die Berufung des Klägers ist überwiegend begründet.
Die Beklagte schuldet dem Kläger 4.502,29 Euro Schadensersatz für den Motorschaden, den der Kläger am 8.4.2002 mit seinem Pkw Opel Omega erlitten hat. Rechtsgrundlage für den Schadensersatzanspruch ist § 823 Abs. 1 BGB. Der Motor des Fahrzeugs ist am 8.4.2002 erheblich beschädigt worden. Das stellt eine Verletzung des Eigentums des Klägers dar, für die die Beklagte gem. § 823 Abs. 1 BGB verantwortlich ist.
An dem Schadenstag hat das Fahrzeug des Klägers einen kapitalen Motorschaden erlitten, der durch einen Lagerschaden an der Umlenkrolle verursacht wurde. Das hat der Sachverständige Dipl.-Ing. R. dem Senat bei seiner Anhörung im Senatstermin vom 8.7.2003 überzeugend dargelegt. Der Sachverständige hat zugleich festgestellt, dass der Motor beim Erwerb des Fahrzeugs durch den Kläger – abgesehen von der schadensträchtigen, weil erheblich abgenutzten und bei den früheren Inspektionen nicht erneuerten Umlenkrolle – noch unbeschädigt war. Bei der schadensursächlichen Umlenkrolle handelt es sich zudem, auch das hat der Sachverständige dem Senat erläutert, um ein vom übrigen Motor abgrenzbares und ohne erheblichen Aufwand zu reparierendes Teil.
Bei dieser Sachlage stellt der am 8.4.2002 eingetretene Motorschaden eine Eigentumsverletzung dar, da der Motorschaden mit dem Mangel, der dem Fahrzeug bereits beim Erwerb des Klägers anhaftete, nicht stoffgleich ist. Letzterer beschränkte sich auf die schadensträchtige Umlenkrolle. In ihrem (Un-)Wert verkörpert sich das deliktsrechtlich nicht geschützte Nutzungs- und Äquivalenzinteresse, während der Schaden an den weiteren, beim Erwerb des Fahrzeugs noch unbeschädigten Motorteilen das deliktsrechtlich geschützte Integritätsinteresse des Klägers verletzt hat (vgl. BGH NJW 2001, 1346 ff.).
Für die Eigentumsverletzung ist die Beklagte verantwortlich. Sie hat es versäumt, bei den von ihr beim Kilometerstand von 120.000 km durchgeführten Inspektionsarbeiten mit dem Zahnriemen zugleich die Umlenkrolle zu erneuern. Das war eine mit dem Stand der Technik unvereinbare Arbeit. Auch hiervon geht der Senat nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl-Ing. R. aus. Nach seinen Ausführungen hätte die Umlenkrolle bei der im Juli 2000 durchgeführten Inspektion gewechselt werden müssen. Die Beklagte durfte sie auch dann nicht im Fahrzeug belassen, wenn eine optische und mechanische Prüfung keine Beanstandungen ergab. Die Umlenkrolle ist ein dem Verschleiß unterliegender Teil des Motors, der – jedenfalls bei einer Motorlaufleistung von 120.000 km – so schadensträchtig ist, dass sein Defekt vor dem nächsten Wechselintervall zu erwarten ist. Da dieser Defekt die Gefahr eines umfangreichen Motorschadens birgt, war die Umlenkrolle zu erneuern. Das auch dann, wenn die Herstellervorgaben der Fa. O. den Wechsel nicht ausdrücklich als zwingend notwendig darstellen, wie die Beklagte eingewandt hat. Entscheidend ist insoweit, dass der Wechsel bereits im Juli 2000 aus technischer Sicht notwendig war und dies auch von den beteiligten Fachkreisen seinerzeit so beurteilt wurde, wie der Sachverständige Dipl.-Ing. R. glaubhaft erläutert hat.
Für den versäumten Wechsel der Umlenkrolle haftet die Beklagte aufgrund eines Organisationsverschuldens. Ihr Vertreter hat im Senatstermin erklärt, dass ihre Mitarbeiter bei den 120.000 km-Inspektionsarbeiten an den Motoren des vorliegend in Frage stehenden Fahrzeugtyps auf einen Wechsel der Umlenkrollen verzichteten, wenn eine opt...