Leitsatz (amtlich)
Behauptet der den Erwerb des Pfandrechtes bestreitende Eigentümer, dass grobe Fahrlässikeit infolge der Nichtbeachtung einer Erkundigungsobliegenheit vorliege, so hat er die tatsächlichen Umstände zu beweisen, aus denen sich die Verpflichtung des Erwerbers zu Nachforschungen ergibt
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 20.06.2012; Aktenzeichen 5 O 506/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.6.2012 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das angefochtene Urteil ist nunmehr ohne die dort angeordnete Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(§ 540 ZPO)
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Schadensersatz in Anspruch, weil dieser in ihrem Eigentum stehende Goldketten weiterveräußert habe.
Die Klägerin, die einen Schmuckgroßhandel betreibt, übergab dem Zeugen F im Februar 2003 143 Goldketten (vgl. Seiten 12 bis 17 der Lieferscheine v. 03.02., 07.02. und 15.2.2003, LR 1, Bl. 16 ff. GA). Der Zeuge F führte zu dieser Zeit unter der Firma "xxx-Juwelenmacher" ein Juweliergeschäft in E2.
Etwa Anfang 2004 übergab der Zeuge dem Beklagten unter streitigen Umständen eine größere Menge - nach Darstellung des Beklagten zwei Tüten mit insgesamt 784g Feingold - Goldschmuck. Der Beklagte und F unterzeichneten einen "Pfandkreditvertrag", der das Datum 30.1.2004 trägt, folgenden Inhalts (Bl. 98 GA):
"Zwischen dem Juwelier F und Herrn Q wird folgende Vereinbarung getroffen. Herr Q leiht Herrn F 10.000 EUR. Herr Q bekommt als Sicherheit, Halsketten und Armbänder in 585 bzw. 333 Gold. Der Goldwert beträgt, umgerechnet in Feingold etwa die Summe die Herr F erhalten hat. Herr Q erklärt, dass die beliehene Sache, bei Erstattung der Pfandsumme zurück gegeben wird. Herr F versichert, dass er Eigentümer des Pfandes ist."
Im Frühjahr 2004 verlangte die Klägerin die Anfang Februar 2003 übergebenen Schmuckstücke erfolglos vom Zeugen F zurück. Dieser musste im April 2004 Insolvenzantrag stellen, und in der Folgezeit wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zeugen eröffnet. Am 4.1.2006 fand die Schlussverteilung statt (Az.: 252 IN 64/04 AG Dortmund).
Mit Schreiben vom 13.2.2004 teilte der Zeuge der Klägerin mit, er habe die Waren der Klägerin versetzt (Anl. LR 4, Bl. 38 GA). Den Sicherungsnehmer benannte er nicht.
Gegen den Zeugen F wurde ein Strafverfahren durchgeführt; hier fand am 20.1.2006 ein Hauptverhandlungstermin vor dem AG Dortmund (Az.: 88 Ls 112 Js 59/05, 735/05) statt. Der Zeuge wurde wegen Unterschlagung und Untreue rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
Vor dem Hauptverhandlungstermin hatte sich der Mitarbeiter U der Klägern u.a. unter Hinweis auf die dem Zeugen F überlassenen 143 Schmuckstücke schriftlich an verschiedene Insolvenzgläubiger - auch an den Beklagten - gewandt und für den 20.1.2006 eine gemeinsame Besprechung angeregt; er wolle "die Beute finden".
Am 20.1.2006 kamen sodann der Mitarbeiter U der Klägerin und der Beklagte vor dem Gerichtssaal ins Gespräch; der Beklagte überreichte bei dieser Gelegenheit ein undatiertes Schreiben (Bl. 39 GA) mit (u.a.) folgendem Inhalt:
"Sie brauchen Ihre Ketten und Armbänder von Ihnen als "Beute" bezeichnet, nicht mehr zu suchen.
Ich habe die Sache zur damaligen Zeit im guten Glauben, dass Herr F Besitzer ist, mit EUR 10.000 beliehen. Erst jetzt nach Ihrem Schreiben, hat Herr F sich zu Ihrem Namen bekannt. Um Ihren und meinen Schaden zu begrenzen schlage ich vor, dass Sie das Pfand bei mir einlösen. Gegen Zahlung von EUR 10.000 zzgl. 5 % Zinsen in zwei Jahren, also EUR 1.000 können Sie die Sachen bei mir abholen ..."
Mit Schreiben vom 21.3.2006 (Bl. 40 GA) bot der Beklagte der Klägerin erneut unter Fristsetzung zum 11.4.2006 den "Rückkauf" des Schmuckes an und kündigte für den Fall fruchtlosen Fristablaufs die anderweitige Verwertung der Sachen an. Dies lehnte die Klägerin mit Schreiben vom 8.4.2006 ab (Anl. LR 7, Bl. 41 GA).
In der Folgezeit veräußerte der Beklagte den ihm übergebenen Schmuck weiter.
Mit ihrer Ende 2009 erhobenen Stufenklage hat die Klägerin den Beklagten zunächst auf Auskunft, Herausgabe und hilfsweise Schadensersatz in Anspruch genommen. Sie hat behauptet, ausweislich ihrer AGB habe sie unter Eigentumsvorbehalt geliefert, und den Abschluss eines Darlehensvertrags zwischen dem Beklagten und dem Zeugen F bestritten. Ein Nachweis des Beklagten über die tatsächliche Zahlung von 10.000 EUR an den Zeugen fehle.
Sie sei Eigentümerin des Schmucks geblieben; der Beklagte habe in grob fahrlässiger Weise verkannt, dass der Zeuge nicht Eigentümer des Schmucks gewesen sei...