Verfahrensgang
LG Dortmund (Entscheidung vom 13.01.1999; Aktenzeichen 21 O 63/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 13. Januar 1999 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 34.006,69 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14. Juni 1997 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, die der Klägerin aufgrund des Unfalls vom 13. Dezember 1995 in D an der P zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf öffentlich-rechtliche Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 43 % und die Beklagte 57 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Beklagte in Höhe von 39.006,69 DM.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt Schadensersatz, Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Schäden aus einem Unfall, der sich am 13. Dezember 1995 in D ereignete.
Die Klägerin bestieg gegen 12.40 Uhr an der Haltestelle "K" einen Linienbus der D, der auf der Straße "A" in östlicher Richtung unterwegs war. Der Zeuge S befuhr mit seinem Pkw die Straße in der Gegenrichtung. In Höhe einer - der Bushaltestelle schräg gegenüberliegenden - Gaststätte hielt er einige Meter vor dem Bus an, um seine drei Beifahrer aussteigen zu lassen. Kurz darauf fuhr der Bus wieder an. Als die Beklagte, die hinten links saß, ihre Tür öffnete, nahm der Fahrer des Busses, der Zeuge F, eine Vollbremsung vor. Dabei kam die damals 60-jährige Klägerin zu Fall. Sie zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu, der operativ durch eine sog. "Mecronverschraubung" versorgt wurde. Bis zum 29. Dezember 1995 befand sich die Klägerin in stationärer Krankenhausbehandlung. Am 22. Oktober 1996 wurde ihr ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt.
Die Klägerin behauptet, nur durch die Vollbremsung des Busses habe eine Kollision mit der geöffneten Tür vermieden werden können. Die Hüftprothesenimplantation sei erforderlich gewesen, weil trotz der Operation keine vollständige Verheilung der Fraktur eingetreten sei. Infolge der operativen Versorgung sei eine allergische Hautreaktion aufgetreten, die ein Jahr angedauert habe.
Die Klägerin hat ein Schmerzensgeld von mindestens 60.000 DM sowie die Erstattung der Kosten von Taxifahrten für Besorgungen und Arztbesuche in Höhe von 2.554,20 DM und für Arztberichte in Höhe von 251,10 DM begehrt. Daneben hat sie weitere 1.201,39 DM für die Kurzzeitpflege ihrer Mutter verlangt, die sie während ihres Klinikaufenthaltes nicht habe versorgen können.
Die Beklagte behauptet, die Vollbremsung sei nicht erforderlich gewesen. Der Bus habe ausreichend Platz gehabt, weil die Straße 6,05 m breit sei. Jedenfalls trage die Klägerin ein Mitverschulden.
Das Landgericht hat die Parteien persönlich gehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen F und S sowie durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens des Sachverständigen K. Mit dem angefochtenen Urteil hat es der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden und des Feststellungsbegehrens stattgegeben und der Klägerin ein Schmerzensgeld von 40.000 DM zugesprochen. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die Parteien persönlich gehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen Z, S und F sowie durch Einholung eines mündlichen Gutachtens des Sachverständigen B. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks Bezug genommen.
Die Akten 28 Js 14/96 StA Dortmund lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat nur zum Teil Erfolg. Die Klage ist, soweit das Landgericht ihr stattgegeben hat, im wesentlichen begründet.
I.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. § 823 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 4.006,69 DM.
a) Die Beklagte hat schuldhaft die Körperverletzung der Klägerin herbeigeführt. Sie hat fahrlässig gegen § 14 Abs. 1 StVO verstoßen. Nach dieser Vorschrift muß sich derjenige, der ein- oder aussteigt, so verhalten, daß eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Wird beim Ein- oder Aussteigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- bzw. Aussteigenden (KG VM 10986, 20).
aa) Diesen Anschein hat die Beklagte nicht entkräftet. Sie hat vorgetragen, der Bus habe ausreichend Platz gehabt. Die Straße sei 6,05 m breit (nach der polizeilichen Unfallskizze 6 m) und der Pkw des Zeugen S habe z.T. auf dem Gehweg gestand...