Verfahrensgang
LG Münster (Entscheidung vom 03.05.2007; Aktenzeichen 2 O 247/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 03. Mai 2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.207,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07. März 2006 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
Gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs.1 S.1 und § 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen abgesehen.
B.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
I.
Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB die Zahlung von 6.207,88 EUR beanspruchen. Der Beklagte hat ihm gegenüber der Klägerin aufgrund des von ihm übernommenen, umfassenden und uneingeschränkten Mandates (1.) obliegende Pflichten verletzt (2.). Aufgrund dieser Pflichtverletzungen ist der Klägerin ein Schaden entstanden (3.), dessen Höhe mindestens den geltendgemachten Klagebetrag erreicht (4.)
1.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist ein Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrages zwar nur innerhalb der Grenzen des übernommenen Mandats (vgl. BGH in NJW 2007, 2485 [2486 Rdn. 9-11]; NJW-RR 2007, 569 [570 Rdn. 10]; NJW 2002, 1413 ff.; VIZ 1998, 571 [572]; NJW 1997, 2168 [2169]; siehe auch Zugehör in "Handbuch der Anwaltshaftung", 2. Aufl., Rdn. 494, 500; Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, "Die Haftung des Rechtsanwalts", 7. Aufl. 2005, Rdn. 439), welches das zu erreichende Ziel und somit die Maßnahmen bestimmt, die zur Erreichung desselben zutreffen oder anzuraten sind (BGH NJW 1988, 1079; NJW 1993, 2045; NJW 1996, 2648), verpflichtet, die Interessen seines Auftraggebers nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen (BGH in NJW 2006, 3494 [3495 sub Rdn. 9]; NJW-RR 2000, 791 ff.; NJW 1998, 900 [901]; NJW 1988, 486 [487]; NJW 1988, 1079 [1080]; vgl. auch Borgmann in NJW 2000, 2953 [2955]). Entgegen der Ansicht des Beklagten beschränkte sich aber das von ihm übernommene Mandat nicht ausschließlich darauf, etwaige der Klägerin durch eine verzögerte Umschreibung des Erbbauwohnungseigentums entstehende Schäden gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen. Es oblag ihm vielmehr, die Klägerin im Rahmen der Abwicklung des notariellen Kaufvertrages vom 17. Dezember 2001, sowie des ihm vorgeschalteten und mit ihm verbundenen Mietvertrages vom 08. Oktober 2001 umfassend zum Schutze ihrer Interessen zu beraten.
Ob dem Beklagten ein solches unbeschränktes Mandat erteilt worden ist, hat zwar grundsätzlich die Klägerin darzulegen und zu beweisen. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass ein Auftraggeber seinem Anwalt ein unbeschränktes Mandat erteilt (Zugehör, a.a.O.; Rdn. 505; BGH in NJW 2006, 3496 [sub Rdn. 7]; NJW 1997, 2168 [2169]; NJW 1996, 2929 [2931]; siehe auch Fahrendorf, a.a.O., Rdn. 395 ff.). Der nicht fachkundige Mandant weiß in der Regel allerdings gar nicht, wie eine Angelegenheit umfassend in seinem Interesse geregelt werden kann, und begibt sich gerade deswegen in die Beratung eines Fachmannes. Deshalb trifft den Anwalt auch zunächst einmal die grundlegende Pflicht, das Rechtschutzziel des Auftraggebers sorgfältig abzuklären (vgl. Zugehör, a.a.O., Rdn. 507 ff.; Fahrendorf, a.a.O., Rdn. 433, 434; BGH in NJW 2002, 1413) und ihm die Schritte zu empfehlen, die auf dem sichersten Weg zu dem erstrebten Ziel führen können. Insoweit hat der Anwalt den Auftraggeber so umfassend zu belehren, dass dieser eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen vermag (vgl. BGH NJW 2002, 292; BGH NJW - RR 2000, 791; BGH NJW - RR 1999, 641 [642]; NJW 1996, 2648 [2649]; NJW 1995, 449 [450]; NJW 1992, 1159 [1160]; Zugehör, a.a.O.; Rdn. 558; Fahrendorf, a.a.O., Rdn. 509). Falls keine ausdrücklichen, abweichenden Vereinbarungen getroffen werden, kann deshalb von einem umfassenden und unbeschränkten Mandat ausgegangen werden (vgl. Sieg in "Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung", 2. Aufl.; Rdn. 43 ff.). Nur wenn der Mandant bei der Erörterung und Aufklärung seines Rechtsschutzzieles eindeutig auf einer, eine eigenverantwortliche Entscheidung ermöglichenden Grundlage zu erkennen gibt, dass er der fachlichen Hilfe des Anwaltes nur in einer bestimmten Art, Richtung und Reichweite bedarf, dann könnte der Mandant dem Anwalt nicht vorwerfen, dieser hätte dennoch über sein Mandat hinaus beraten und handeln müssen (BGH in NJW-RR 2007, 569 [570 sub Rdn. 10]; NJW 1997, 2168; 1996, 2929[29331]).
Wie er seiner - von der Frage eines beschränkten oder unbeschränkten Mandates zunächst einmal unabhängigen - allgemeinen Pflicht, das Rechtsschutzziel der Klägerin sorgfältig abzuklären, so ausreichend nachgekommen sein will, dass er von einem ausschließlich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beschränkten Mandat und einer im Übrigen allein von der Klägerin durchzuführenden Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber dem Verkäufer der Wohnung ausgehen du...