Entscheidungsstichwort (Thema)
Verantwortung für den Datenschutz beim Betrieb einer elektronischen Schließanlage in einer Schule
Leitsatz (amtlich)
Werden bei dem Betrieb einer durch den Schulträger installierten elektronischen Schließanlage personenbezogene Daten erhoben, ist in Nordrhein-Westfalen die Schule datenverarbeitende Stelle im Sinne des § 3 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 DSG NW, weil der Betrieb der Schließanlage eine innerschulische Angelegenheit ist.
Normenkette
BGB §§ 253, 823, 1004; DSG NW §§ 3-4, 18-20; SchulG NW §§ 59, 78-79
Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 22.12.2016; Aktenzeichen 9 O 105/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.12.2016 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(ohne Tatbestand gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO)
I. Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen.
Die mit den Klageanträgen zu 1.) bis 3.) geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger schon mangels Passivlegitimation des Beklagten nicht zu, da dieser vorliegend weder Störer i.S.d. § 1004 BGB noch verantwortliche Stelle i.S.d. § 3 Abs. 3 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NW) ist. Aus dem zuletzt genannten Grunde ist auch der vom Kläger mit dem Klageantrag zu 4.) geltend gemachte Zahlungsanspruch aus § 20 Abs. 1 S. 2 DSG NW unbegründet. Der Zahlungsanspruch ist auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG begründet, weil den Beklagten an einer etwaigen unzulässigen Erhebung personenbezogener Daten durch die Schule jedenfalls kein Verschulden trifft und auch nicht festgestellt werden kann, dass die zeitweise Installation von Kameras in den Räumen der Schuleinrichtung zu einer erheblichen Persönlichkeitsrechtsverletzung oder einer Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers geführt hat. Im Einzelnen:
1. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen den Beklagten aus § 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. §§ 823 Abs. 1 und 2 BGB, 4 DSG NW zu, es unterlassen, die von ihm in den Räumen des G installierte elektronische Schließanlage weiterhin so zu betreiben, dass personenbezogene Daten bei der Aufbuchung und bei den Schließvorgängen gespeichert werden. Dabei bedarf es keiner Entscheidung des Senats darüber, ob es nach der Anfang Dezember 2014 erfolgten Inbetriebnahme der Schließanlage mit dieser zu einer nach § 4 Abs. 1 DSG NW unzulässigen Verarbeitung von personenbezogenen Daten des Klägers gekommen ist und wenn ja, ob diese unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten des Klägers mit der am 27.04.2016 erfolgten Umstellung der Betriebsart der Schließanlage sowie der Zulosung eines aus einer 10 Schlüssel umfassenden anonymisierten Schlüsselgruppe stammenden elektronischen Schlüssels an den Kläger geendet hat oder gleichwohl noch fortbesteht. Denn selbst wenn mit der Schließanlage in der Vergangenheit personenbezogene Daten des Klägers verarbeitet worden sein sollten und möglichweise auch heute noch werden und es hierdurch zu einer Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und/oder der Gesundheit des Klägers gekommen sein sollte bzw. weiterhin käme, stünde dem Kläger der mit dem Klageantrag zu 1.) geltend gemachte Unterlassungsanspruch deshalb nicht zu, weil der Beklagte in Bezug auf die Datenverarbeitung und damit möglichweise verbundene Beeinträchtigung der Rechte des Klägers nicht Störer im Sinne des §§ 1004 Abs. 1 BGB ist. Der Beklagte wäre für die nach Behaupten des Klägers mit der Betrieb der Schließanlage verbundene Verarbeitung personenbezogener Daten weder als unmittelbarer oder mittelbarer Handlungsstörer noch als Zustandsstörer verantwortlich.
a) Unmittelbarer Handlungsstörer ist derjenige, der durch seine Handlung oder sein pflichtwidriges Unterlassen selbst, also als Täter, die Rechtsbeeinträchtigung bewirkt (BGH, Urteil vom 17.12.2010, V ZR 44/10 - Rz. 10 zitiert nach Juris; BGH, Urteil vom 01.12.2006, V ZR 112/06 - Rz. 9 zitiert nach Juris; Palandt-Herrler, BGB, 77. Auflage 2018, § 1004 Rn. 17).
Danach wäre der Beklagte hier nur dann unmittelbarer Störer, wenn er die für die Datenverarbeitung verantwortliche Stelle i.S.v. § 3 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 DSG NW wäre. Das ist indes nicht der Fall. Nach § 3 Abs. 3 DSG NW ist verantwortliche Stelle diejenige Stelle i.S.d. § 2 Abs. 1 DSG NW, die personenbezogene Daten in eigener Verantwortung selbst verarbeitet oder in ihrem Auftrag von einer anderen Stelle verarbeiten lässt. Ausgehend hiervon ist und war datenverarbeitende Stelle seit der Installation der elektronischen Schließanlage allein die Schule selbst, also das G-Berufskolleg. Dies folgt bereits aus der im SchulG NW normierten Trennung zwischen innerschulischen und außerschulischen Angelegenheiten. Nach § 3 Abs. 1 SchulG NW gestaltet die Schule den Unterricht, die ...