Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortbestand eines Wohnrechts nach Zwangsversteigerung

 

Normenkette

EGZVG § 9 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 14.11.1984; Aktenzeichen 14 O 352/84)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14. November 1984 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Es wird festgestellt, daß das für die Klägerin in Abteilung II Nr. 1 des Grundbuches von …, Bl. 0389, Flur 17, Flurstücke 17 und 21 eingetragene lebenslängliche unentgeltliche Wohnrecht hinsichtlich der in der ersten Etage links des Hauses … … 139, befindlichen Wohnung, bestehend aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer, einer Küche, einer Diele, Bad mit Toilette sowie einem Kellerraum, durch den Zuschlagsbeschluß in dem Zwangsversteigerungsverfahren 9 K 22/81 des Amtsgerichts Münster vom 7. Oktober 1983 nicht erloschen ist.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert den Beklagten in Höhe von 37.500,– DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Fortbestand eines Wohnrechts nach der Zwangsversteigerung eines Grundstücks.

Mit notariellem Vertrag vom 21.12.1973 (UR Nr. 112/73 des Notars … übertrug die am 30.5.1912 geborene Klägerin das Eigentum an den Grundstücken Grundbuch von … Bl. 0389, Flur 17, Nr. 17 und Nr. 21 der Gemarkung … auf ihren am 14.9.1938 geborenen Sohn …, der die auf dem Grundbesitz befindliche Gaststätte übernehmen und weiterführen sollte. Nach § 4 des Vertrages verpflichtete sich der Sohn, die Klägerin von Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 135.000,– DM freizustellen. Auf dem Grundstück räumte der Erwerber der Klägerin nach § 5 an der Wohnung in der 1. Etage links des Hauses Hiltrup, Promenade Süd 139 „ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht” ein, dessen Wert mit 250,– DM monatlich angegeben wurde. In § 7 des Vertrages bewilligte der Erwerber zugunsten seiner Mutter die Eintragung dieses Wohnrechts im Grundbuch. Diese Eintragung erfolgte in Abteilung II Nr. 1 am 30.4.1974 unter Bezugnahme auf die vorgenannte Bewilligung mit dem Wortlaut: „Beschränkte persönliche Dienstbarkeit – Wohnrecht – der Hausfrau …. Am 6.12.1978 wurde ein Vorrang der Rechte in Abteilung III Nr. 7 (Grundschuld über 500.000,– DM für die … in …) und Nr. 8 vor dem Wohnrecht im Grundbuch eingetragen.

Der Gläubiger der Post Abteilung III Nr. 7 betrieb die Zwangsversteigerung der Grundstücke (9 K 22/81 AG Münster). Nach den Versteigerungsbedingungen sollten keine Rechte bestehen bleiben. Im Termin vom 30.9.1983 blieb der Beklagte mit einem Gebot von 505.000,– DM Meistbietender. Ein nach Schluß der Bieterstunde gestellter Antrag der Klägerin auf Bestehenbleiben ihres Rechts wurde wegen Verspätung nicht mehr zugelassen. Mit Beschluß vom 7.10.1983 erhielt der Beklagte den Zuschlag mit der Maßgabe, daß keine Rechte bestehen bleiben sollten. Eine von der Klägerin eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Zuschlag wurde vom Landgericht Münster mit Beschluß vom 22.11.1983 wegen Fristversäumung als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei dem eingetragenen Wohnrecht handele es sich um ein Altenteilsrecht, das nach § 9 EGZVG außerhalb des geringsten Gebots bestehen geblieben sei; deshalb sei die – unstreitig am 22.11.1983 erfolgte – Zwangsräumung unzulässig gewesen.

Die Klägerin hat behauptet, entsprechend einer vorgelegten privatschriftlichen Vereinbarung habe ihr Sohn sich am 21.12.1973 zugleich zur Erbringung weiterer Leistungen (Versorgung, Beköstigung, Krankheitspflege, Zahlung einer Leibrente) verpflichtet.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß das für sie in Abteilung II Nr. 1 des Grundbuchs von …, Bl. 0389, Flur 17, Flurstücke 17 und 21, eingetragene lebenslängliche unentgeltliche Wohnrecht hinsichtlich der in der ersten Etage links des Hauses … … 139, befindlichen Wohnung, bestehend aus 1 Schlafzimmer, 1 Wohnzimmer, 1 Küche, 1 Diele, Bad mit Toilette sowie 1 Kellerraum, durch den Zuschlagsbeschluß in dem Zwangsversteigerungsverfahren 9 K 22/81 des Amtsgerichts Münster vom 7.10.1983 nicht erloschen ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat der eingetragenen Dienstbarkeit die Qualität eines Altenteilsrechts abgesprochen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da weder Eintragung noch deren Bewilligung Elemente eines Altenteilsrechts enthielten.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter.

Die Klägerin beantragt,

abändernd dem Feststellungsbegehren stattzugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Hinsichtlich des beiderseitigen Parteivortrags im einzelnen wird auf den Inhalt der Akten sowie der Akten 9 K 22/81 und 5 C 712/83 jeweils AG Münster, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Dem Feststellungsbegehren der Klägerin ist zu entsprechen.

Mit der Anmeldung ihres Rechts im Versteigerungstermin am ...

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