Leitsatz (amtlich)
Stellt eine Betriebspflichtklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Vermieters auf die Öffnungszeiten der "überwiegenden Anzahl der Mieter" in dem Einkaufscenter ab, ist diese Klausel jedenfalls dann nicht intransparent und nach § 307 BGB unwirksam, wenn das Einkaufscenter bei Abschluss des Mietvertrages schon länger betrieben wird.
Normenkette
BGB §§ 307, 535; ZPOB § 935; ZPO § 940
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 14 O 53/17) |
Tenor
Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 20. April 2017 verkündete Urteil der 14. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bochum - I-14 O 53/17 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um eine mietvertragliche Betriebspflicht der Verfügungsbeklagten (nachfolgend: Beklagte). Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Verfügungsklägerin (im Weiteren: Klägerin) ist Eigentümerin des Einkaufszentrums X C. Sie vermietete der Beklagten mit Vertrag vom 09.07./24.08.2012 (A 1 / B 3, Bl. 10 ff. / 120 ff.) eine Teilfläche des Gebäudes Nr. ... für die Dauer von 10 Jahren, die mit Nachtrag 2 vom 01.02./10.03.2016 (A 1 / B 3, Bl. 46 ff. / 220 ff.) modifiziert wurde. Hinsichtlich des Mietzwecks, einer Betriebspflicht der Beklagten, ihrer Sortimentsbindung und schließlich eines Konkurrenz- oder Sortimentsschutzes enthalten / der Mietvertrag sowie die Allgemeinen Mietbedingungen der Klägerin (A 1 / B 3, Bl. 22 ff. / 132 ff.; im Fortgang: AMB) folgende Regelungen, bei denen es sich unstreitig um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt :
Mietvertrag:
"1.2 Der Mieter ist berechtigt und verpflichtet, im Mietobjekt ein
Lebensmitteldiscountergeschäft
nach dem Konzept und unter der Bezeichnung "M"
zu betreiben. Im Randsortiment dürfen, auf max. 15 % der Ladenfläche, Non-Food-Artikel geführt werden.
Das Mietobjekt darf nur zu diesem vertraglichen Zweck genutzt werden. (...)
Der Mieter ist berechtigt, das übliche Sortiment des vorgenannten Geschäftes zu führen. Die Führung anderer Artikel bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Vermieters. Der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Vermieters bedarf der Mieter ferner, wenn er unter Verwendung der Firma oder des Kennzeichens (Marke) eines anderen Unternehmens, das unter dieser Firma bzw. diesem Kennzeichen Einzelhandel betreibt, Waren anbieten oder vertreiben will (z.B. Depots). (...)
Der Mieter ist verpflichtet, das Mietobjekt während der gesamten Mietzeit seiner Zweckbestimmung entsprechend ununterbrochen zu nutzen; er wird das Mietobjekt weder ganz noch teilweise ungenutzt oder leer stehen lassen (Betreibungspflicht).
1.3 Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, dass der Mieter für die Dauer des Mietverhältnisses keinen Konkurrenz- oder Sortimentsschutz irgendwelcher Art für sich in Anspruch nehmen kann.
Der Vermieter haftet nicht dafür, dass im Objekt bestimmte Mieter oder Branchen vertreten sind."
Allgemeine Mietbedingungen (AMB)
"§ 8 Instandhaltung und Instandsetzung
(1) (...)
(2) Der Mieter wird die laufenden Schönheitsreparaturen, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten innerhalb des Mietobjektes auf seine Kosten vornehmen. Dies gilt - einschließlich der erforderlichen Wartungsarbeiten - auch für die technischen Einrichtungen (insbesondere elektrische und sanitäre, Heizung- und Klimainstallationen), soweit sich diese im oder am Mietobjekt befinden und ausschließlich von dem Mieter in Anspruch genommen werden, sowie die Verglasung der zum Mietobjekt gehörenden Fenster und der Eingangstüren. (...)
§ 13 Wahrung des Gesamtinteresses/Betreten des Mietobjektes
(3) Das Geschäftslokal ist im Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen so lange offen zu halten, wie die überwiegende Anzahl aller Mieter ihr Geschäft offenhält. Die Öffnungszeiten können durch Beschluss der Geschäftsführung der Werbegemeinschaft mit Zustimmung des Vermieters verbindlich für alle Mieter festgelegt oder geändert werden. Aus einer bloßen Duldung abweichender Öffnungszeiten durch den Vermieter kann der Mieter keine Rechte herleiten. Zeitweise Schließungen (z.B. aus Anlass von Mittagspausen, Ruhetagen, Betriebsferien, Inventuren) sind nicht zulässig. (...)"
Nachdem sich der Betrieb der Filiale der Beklagten in dem streitbefangenen Objekt wirtschaftlich nicht so entwickelte, wie diese sich das vorgestellt hatte, führten die Parteien Gespräche, unter anderem über eine Mietreduzierung und eine anderweitige Vermietung des Objekts durch die Klägerin. Noch während dieser Gespräche teilte die Beklagte der Klägerin mit Email vom 24.01.2017 (A 4, Bl. 55) mit, die Filiale im X aus wirtschaftlichen Gründen Ende Februar 2017 zu schließen. Die Klägerin verwies daraufhin mit Schreiben vom 08.02.2017 (A 6, Bl. 57) darauf, dass eine Schließung gegen die vertraglich vereinbarte Betriebspflicht verstoße und sie, die Klägerin, diese notfalls auch gerichtlich durchsetzen werde.
Nachdem die Beklag...