Leitsatz (amtlich)

Eine auf eine (unwirksame) anwaltliche Honorarvereinbarung gestützte Honorarklage hemmt wegen des einheitlichen Streitgegenstands auch die Verjährung des gesetzlichen Vergütungsanspruchs. Das gilt auch dann, wenn der Anwalt in der Klageschrift nicht auch zu den Voraussetzungen des gesetzlichen Gebührenanspruchs vorträgt.

 

Normenkette

BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1, §§ 611, 675; ZPO §§ 253, 301, 322 Abs. 1, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, § 597 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 15.03.2011; Aktenzeichen 3 O 16/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 15.3.2011 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Arnberg einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG Arnsberg zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Namensgeber einer Rechtsanwaltskanzlei. Er verlangt von den unbekannten Erben seines früheren, wenige Tage vor der Berufungsverhandlung verstorbenen Mandanten (nachfolgend: Beklagter) Anwaltsgebühren für zahlreiche außergerichtliche Beratungsmandate aus den Jahren ab 2003. Zunächst hat der Kläger die im Juli 2009 erhobene Klage auf nachträgliche Honorarvereinbarungen mit dem Beklagten gestützt. Nachdem sich deren Unwirksamkeit herausgestellt hat, stützt der Kläger seinen Anspruch auf gesetzliche Gebührenforderungen.

Der Beklagte war Geschäftsführer mehrerer, zum Teil spanischer Gesellschaften. An weiteren Gesellschaften hielt der Beklagte Beteiligungen. Er war Eigentümer von Immobilien in Spanien und Deutschland und an Immobilienfonds beteiligt. Der Kläger beriet den Beklagten, der sich häufig auf Ibiza aufhielt, lange Zeit außergerichtlich, ohne Gebührenrechnungen erteilt oder Honorarvereinbarungen getroffen zu haben.

Der Kläger hat anfangs unter Berufung auf eine als "Vergleichsvereinbarung" bezeichnete Urkunde vom 17.5.2006 über 250.000 EUR netto (Tätigkeiten des Klägers bis 15.5.2006) sowie zwei Urkunden vom 31.3.2008 über 40.000 EUR netto Vergütung (Tätigkeiten des Klägers vom 15.5.2006 bis 30.3.2008) und Auslagenerstattung in Höhe 25.000 EUR netto verlangt, insgesamt 374.850 EUR brutto. Der Kläger hat die Urkunden als "Schuldanerkenntnisse" bezeichnet. Der Beklagte hat in Abrede gestellt, diese Urkunden unterzeichnet zu haben. Ferner hat er geltend gemacht, es sei nicht auszuschließen, dass er Blanko-Papiere unterzeichnet habe, weil der Kläger ihm ein "Sorglos-"Paket" versprochen habe.

Im Laufe des Rechtsstreits hat der Kläger zwei Listen mit dem Stand vom 16.5.2006 bzw. 23.5.2007 vorgelegt mit der Bezeichnung "Alle Konten des Mandanten [Name des Beklagten]" sowie eine "Bestätigung bzgl. Rechnungslegung und Entlastung vom 25.5.2007". Die Listen dienten nach Angaben des Klägers dazu, den Beklagten zu informieren, welche Angelegenheiten der Kläger am Stichtag bearbeitet habe. Der Beklagte behauptet dazu, dass er Listen nie erhalten habe.

Mit Schreiben des Klägers vom 24.9.2008 teilte er dem Beklagten mit: "... gemäß getroffener Vereinbarung habe wir die nachfolgend aufgeführten Angelegenheiten ... storniert ... Folgende Angelegenheiten wurden storniert und abgeschlossen ..." Es folgen dreizehn Mandate. Nach Angaben des Klägers beruhte dies auf einer (behaupteten) Stundungsvereinbarung und "im Vertrauen auf das Anerkenntnis".

Im Herbst 2008 wandte sich der Beklagte, der nach seinen Angaben den Überblick über seine Vermögenswerte verloren hatte, an seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, der sich mit Schreiben vom 21.11.2008 bei dem Kläger meldete. Mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 11.12.2008 bat er den Kläger, die Tätigkeiten der drei vergangenen Jahre abzurechnen. Der Kläger teilte mit Schreiben vom 8.1.2009 u.a. mit: "Über sämtliche Angelegenheiten wurde detailliert Rechnung gelegt und Entlastung erteilt." Mit Telefaxschreiben vom 26.3.2009 bat der jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten den Kläger um Auskunft und Rechnungslegung. Mit Schreiben des Klägers vom 27.3.2009 teilte er mit, dass er bereits am 31.3./1.4.2008 umfassend Rechnung gelegt habe. Der Kläger übersandte ein Verzeichnis mit Angelegenheiten, die er nach seiner Behauptung für den Beklagten bearbeitet habe. Das Verzeichnis hat die Überschrift "Alle Konten des Mandanten [Name des Beklagten]". Die Vergütung ist durchweg auf "0,00" gesetzt.

Mit Schreiben des Klägers vom 27.4.2009 an den Beklagten widerrief der Kläger gewährte Stundungen. Ferner überreichte der Kläger mit dem vorgenannten Schreiben eine sog. "Kostenrechnung" vom 24.4.2009 über 25.000 EUR Auslagen und eine weitere "Kostenrechnung vom 24.4.2009, wonach er für die Zeit vom 15.5.2006 bis 31.3.2008 40.000 EUR netto nebst Mehrwertsteuer beanspruche. Als Leistungszeitraum gab der Kläger den 15.5.2006 bis zum 31.3.2008 an, als Gegenstand "wg. Forderung". Dazu teilte der Kläger u.a. mit:

"Wir haben...

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