Leitsatz (amtlich)

1. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis einer anwaltlichen Honorarforderung, dem keine anwaltlichen Honorarrechnungen vorausgehen, genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 4 RVG a.F. nur dann, wenn sich anhand konkreter Angaben ergibt, für welche anwaltliche Tätigkeiten des Rechtsanwalts der Mandant das Versprochene zahlen will bzw. welche anwaltlichen Honorarforderungen damit außer Streit gestellt werden sollen.

2. Vereinbartes und gesetzliches Anwaltshonorar sind nicht verschiedene Streitgegenstände, weil sie auf derselben anwaltlichen Leistung beruhen.

 

Normenkette

RVG a.F. § 4; ZPO §§ 139, 322, 533, 596

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 25.11.2009; Aktenzeichen 3 O 16/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.11.2009 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Arnberg einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der vom Beklagten zurückgenommenen Widerklage, an das LG Arnsberg zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Namensgeber einer Rechtsanwaltskanzlei in N. Er beriet den Beklagten mehrere Jahre außergerichtlich. Im Zusammenhang mit der Auflösung eines Bankkontos des Beklagten in der Schweiz gerieten die Parteien in Streit, weil der Beklagte das ihm vom Kläger ausgezahlte Guthaben für zu gering hielt. Der Kläger verlangte daraufhin Anwaltshonorar für außergerichtliche Tätigkeit. Die Klage hat er in erster Linie auf mehrere Urkunden, von ihm sog. "Schuldanerkenntnisse", gestützt. In zweiter Instanz macht der Kläger hilfsweise gesetzliche Gebührenansprüche geltend, die er aus 65 Anwaltsmandaten herleitet. Im Einzelnen:

Der Beklagte war 2003 Geschäftsführer mehrerer, zum Teil spanischer Gesellschaften. Außerdem war er an weiteren Gesellschaften beteiligt. Er war Eigentümer von Immobilien in Spanien und Deutschland und hielt Beteiligungen an Immobilienfonds. Der Kläger bearbeitete zahlreiche Mandate für den Beklagten. Zum Teil erteilte der Beklagte die Aufträge im eigenen Namen, zum Teil im Namen seiner Gesellschaften.

Wesentliche Grundlage der Klage ist eine sog. "Vergleichsvereinbarung bzgl. Vergütungsansprüche per 15.5.2006" vom 17.5.2006, wobei streitig ist, ob die Unterschrift vom Beklagten stammt. Zuvor hatten die Parteien weder Honorarvereinbarungen getroffen noch hatte der Kläger Honorarabrechnungen erteilt. Der vom Kläger entworfene Text der Urkunde lautet im Wesentlichen (Anlage K 1):

"... [Der Beklagte]..., handelnd für sich persönlich wie auch für die Firma ... TM und ... [der Kläger]..., handelnd für sich selbst wie auch für die Kanzlei [des Klägers] und Kollegen, vereinbaren, dass die per 15.5.2006 aufgelaufenen und anerkannten Vergütungen pauschal auf EUR 250.000 vergleichen werden [gemeint: verglichen werden].

Der Betrag ist zur Zahlung fällig.

Der Betrag wird seitens ... [des Klägers]... widerruflich auf unbestimmte Zeit gestundet.

Im Gegenzug sollen die hier vereinbarten und hiermit (nochmals) anerkannten Ansprüche gesichert werden.

Ibiza, den 17.5.2006 ... "

Mit der Klage hat der Kläger ferner mehrere auf den 31.3.2008 datierte Urkunden vorgelegt, aus denen er Gebührenansprüche herleitet, insbesondere aus einer sog. "Bestätigung bzgl. aufgelaufener Vergütungen" vom 31.3.2008 (Anlage K 2). Der Urkundentext lautet im Wesentlichen:

"Hiermit bestätige ich,... [Beklagter]..., handelnd für mich persönlich wie auch für die Firma ... [des Beklagten]... dass seitens der Kanzlei [des Klägers] & Kollegen aus anwaltlicher Tätigkeit seit dem 15.5.2006 Vergütungsansprüche von mindestens EUR 40.000... per 30.3.2008 aufgelaufen sind.

Diese Erfassung ist nicht abschließend.

Ich, handelnd für mich persönlich wie auch für die Firma ... [des Beklagten]..., anerkenne die gesamtschuldnerische Haftung, die Richtigkeit dieser Vergütungsansprüche dem Grunde wie der Höhe und nach und insbesondere, dass die Vergütungsansprüche zur Zahlung fällig sind.

Ich bestätige weiterhin, dass die Begleichung dieser Vergütungsansprüche seitens der Kanzlei [des Klägers] & Kollegen bis auf Weiteres gestundet ist.

Unabhängig davon soll die Kanzlei [des Klägers] & Kollegen berechtigt sein, mit ihr etwaig zur Verfügung überlassenen Geldern Beleg führend zu verrechnen und auszugleichen und im Übrigen nach eigenem Ermessen gemäß eingeräumter Vollmachten Sicherheiten zur Besicherung gestundeter und (absehbar) anfallender Vergütungen zu bestellen.

Die Bestellung von Sicherheiten erfolgt zur Besicherung der gewährten Stundung, damit liquide Mittel nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden müssen.

Ibiza, den 31.3.2008 ... "

Ferner hat der Kläger eine "Bestätigung bzgl. geleisteter Auslagen" vom 31.3.2008 vorgelegt, wonach "seitens der Kanzlei ... [des Klägers]... per 31.5.2008 ein pauschalierter Gesamtbetrag von EUR 25.000 zu meinen/unseren Gunsten...

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