Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige AGB im Internethandel. Nicht hinreichend bestimmte Lieferfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verwendung gestellter und unzulässiger AGB im Internethandel ist ein wettbewerbswidriger Gesetzesverstoß. Es ist unzulässig, wenn die Lieferzeit nach Zahlungseingang nicht hinreichend bestimmt ist.

 

Normenkette

UWG §§ 8, 4; BGB § 308 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Entscheidung vom 31.05.2011; Aktenzeichen 12 O 38/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. Mai 2011 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

I.

Die Feststellungsklage bezüglich der Abmahnkosten ist begründet. Zu Recht hat das Landgericht in der Erklärung des Klägervertreters "abzüglich am 26.04.2011 gezahlter 859,80 €" eine teilweise einseitige Erledigungserklärung gesehen, der sich die Beklagte nicht angeschlossen hat. Die ursprüngliche Leistungsklage war zulässig und begründet und ist durch die genannte Zahlung unbegründet geworden.

Bis zum Zeitpunkt der Zahlung durch die Beklagte und der anschließenden einseitigen Erledigungserklärung des Klägers hatte der Kläger jedoch gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 859,80 € gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

Die Abmahnung des Klägers vom 30.08.2010 war gerechtfertigt.

Denn der Kläger hatte gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Klausel betreffend die Lieferzeit gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 308 Nr. 1 2. Alt. BGB.

1.

Der Kläger war aktivlegitimiert. Beide Parteien bieten bundesweit im Internet Waren aus mehreren Sortimentbereichen an. Sie sind damit Mitbewerber auf demselben sachlichen und räumlichen Markt. Im Übrigen haben sich die Parteien gegenseitig abgemahnt, so dass hinsichtlich des konkreten Wettbewerbsverhältnisses kein Streit besteht.

2.

Es liegt eine geschäftliche Handlung der Beklagten vor. Eine geschäftliche Handlung ist u.a. jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes zusammenhängt. Vorliegend hat die Beklagte mit ihrer Information über die Lieferzeit im Rahmen ihres Angebotes von Waren in ihrem Onlineshop den eigenen Absatz ihrer Waren fördern wollen.

Im Übrigen stellt die Verwendung von AGB stets eine geschäftliche Handlung dar (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 Rn 11.156d u. § 2 Rn 78). Ob die Verwendung in einem objektiven Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes einer Ware steht, kann dahin stehen. Denn jedenfalls hängt die Verwendung von AGB objektiv mit dem Abschluss eines Vertrages über eine Ware zusammen (vgl. Art. 2 lit. d UGP-Richtlinie; Köhler a.a.O. § 4 Rn 11.156d). Die hier in Rede stehende Klausel ist auch als AGB einzuordnen (vgl. unten 4.)

3.

Bei § 308 Nr. 1, 2. Alt. BGB handelt es sich auch um eine marktverhaltensregelnde Norm. Ob und inwieweit das UWG eine lauterkeitsrechtliche Kontrolle der Verwendung unwirksamer AGB oder sonstiger Vertragsklauseln ermöglicht, war in der Vergangenheit streitig. Aufgrund des Gebots richtlinienkonformer Auslegung des UWG am Maßstab der UGP-Richtlinie ist dies aber nach jetzigen Recht uneingeschränkt zu bejahen (BGH Urt. v. 31.03.2010 - I ZR 34/08 - Gewährleistungsausschluss im Internet). Obwohl die §§ 307 ff BGB keine eigentlichen Pflichten des Unternehmers begründen, sind sie doch Marktverhaltensregeln im Interesse der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer (BGH a.a.O.). Denn ihr Zweck ist nicht nur der Schutz der Vertragspartner vor Benachrichtigung durch einseitige Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit, sondern auch die Abwendung von Nachteilen, die dem Wirtschaftsverkehr durch den nicht funktionierenden Konditionenwettbewerb drohen (Palandt-Grüneberg, BGB, 70. Aufl., Überbl v. § 305 Rn 8; Köhler/Bornkamm a.a.O. § 4 Rn 11.156e). Diese Auslegung steht auch im Einklang mit Art. 5 Abs. 2 UGP-Richtlinie, da die Verwendung unwirksamer AGB auch einen Verstoß gegen die "beruflichen Sorgfaltspflichten" darstellt (BGH a.a.O.; Köhler/Bornkamm a.a.O.).

4.

Mit der Verwendung der beanstandeten Klausel verstößt die Beklagte gegen § 308 Nr. 1, 2. Alt. BGB. Gemäß dieser Vorschrift ist in AGB insbesondere eine Bestimmung unwirksam, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Erbringung einer Leistung vorbehält.

a.

Bei der beanstandeten Klausel handelt es sich auch um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 BGB. Nach dieser Vorschrift sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt.

Die beanstandete Klausel der Beklagten soll im Falle des Kaufvertragsab...

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