Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 43 O 36/11)

 

Tenor

Die Klage nach dem Klageantrag zu 9. wird abgewiesen. Im Übrigen verbleibt es beim Tenor des angefochtenen Urteils.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 24 % und die Beklagte 76 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

A. Die Klägerin vertreibt mit Leinsamen gefüllte Wärmepantoffeln, welche sie auch selbst herstellt. In erster Instanz ist unstreitig gewesen, dass die Beklagte verschiedene Artikel, darunter auch mit Traubenkernen gefüllte Wärmepantoffeln, über die Internetplattform eBay und in ihrem Online-Shop www.farbenspiel-dorsten.de vertreibt.

Mit Schreiben vom 16.12.2010 mahnte die Klägerin die Beklagte u.a. wegen folgender Klausel ab:

"Angaben über die Lieferfrist sind unverbindlich, soweit nicht ausnahmsweise der Liefertermin verbindlich zugesagt wurde."

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.12.2010 gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung u.a. im Hinblick auf die dargestellte Lieferfristklausel ab und verpflichtete sich, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe i.H.v. 3.500 EUR zu zahlen.

Spätestens am 29.12.2010 (Anlage FN6) nutze die Beklagte in ihrem eigenen Online-Shop und auf der Verkaufsplattform eBay erneuerte Vertragsbedingungen, in denen es u.a. heißt:

"(...) Lieferbedingungen (...)

Sollte ein bestellter Artikel nicht lieferbar sein, weil wir von unserem Lieferanten ohne unser Verschulden trotz dessen vertraglicher Verpflichtung nicht beliefert werden, sind wir zum Rücktritt von dem Vertrag berechtigt. In diesem Fall werden wir den Kunden unverzüglich darüber informieren, dass die bestellte Ware nicht mehr verfügbar ist und etwaige schon erbrachte Leistungen unverzüglich erstatten.

Angegebene Lieferfristen stellen nur einen Richtwert dar und gelten daher nur annähernd vereinbart (Zirka-Fristen).

(...)

(...) Widerrufsrecht (...)

Für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Ware entstandene Verschlechterung müssen Sie keinen Wertersatz leisten, wenn wir Sie nicht rechtzeitig vor Abgabe Ihrer Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise über die Wertersatzpflicht und eine Möglichkeit zu ihrer Vermeidung unterrichtet haben und auch nicht unseren Informationspflichten gem. Art. 246 § 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB nachgekommen sind."

Die Klägerin macht Zahlungsansprüche aufgrund vermeintlich verwirkter Vertragsstrafen, wobei sie Verrechnungen mit Gegenforderungen der Beklagten aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen vornimmt, sowie Unterlassungsansprüche und Abmahnkosten geltend.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben.

Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 3.555,81 EUR aus § 340 S. 1 BGB i.V.m. dem Unterlassungsvertrag vom 27.12.2010. Die Klausel "Angegebene Lieferfristen stellen nur einen Richtwert dar und gelten daher nur als annähernd vereinbart (Zirka-Fristen)" verstoße gegen Nr. 4 des Unterlassungsvertrages, da diese Klausel kerngleich mit der vereinbarungsgemäß zu unterlassenden Klausel sei. Prägend sei für beide Klauseln, dass Angaben über die Lieferzeitpunkte für die Beklagte nicht verpflichtend seien, d.h. dass sie sich bzgl. solcher nicht verbindlich festlegen wolle. Sie halte sich vielmehr die Möglichkeit offen, die Frist - wenn auch nur in einem bestimmten Rahmen - einseitig zu Lasten des Verwendungsgegners zu ändern. Es könne in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Verwendung einer solchen Klausel rechtswidrig sei. Auf diesen Einwand komme es im Rahmen einer abgegebenen Unterlassungserklärung nicht an. Das Verschulden werde vermutet. Eine Entschuldigung sei nicht ersichtlich, auch wenn der Beklagtenvertreter die Verwendung der Klausel für unbedenklich gehalten habe. Es seien auch zwei Vertragsstrafen von je 3.500 EUR verwirkt, weil es sich bei der Verwendung der Klauseln zum einen bei eBay und zum anderen im Online-Shop um zwei Verstöße handele.

Nach Erklärung der Aufrechnung gegen die Forderungen der Beklagten i.H.v. insgesamt 3.444,19 EUR verbleibe der ausgeurteilte Betrag von 3.555,81 EUR.

Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen weiteren Zahlungsanspruch von 2 × 2 × 3.500 EUR = 14.000 EUR. Dies ergebe sich aus den Angeboten der Beklagten bei eBay und in ihrem online-Shop vom 9.3.2011 und 5.4.2011. Zwar werde nicht durch jeden Einzelakt eine Vertragsstrafe verwirkt. Allerdings dürfe auf der anderen Seite bei der Auslegung des Vertragsstrafeversprechens das Interesse des Unterlassungsgläubigers an der Durchsetzung der vom Schuldner übernommenen Verpflichtung nicht außer Acht gelassen werden. Bei einer mehrfachen bewussten Verletzung der über...

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