Leitsatz (amtlich)
Zur Beurteilung der Haftung eines Sachverständigen, der aufgrund des Inhalts von in gerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten zur Prozessfähigkeit des Klägers auf materiellen und immateriellen Schadensersatz in Anspruch genommen wird.
Normenkette
BGB §§ 823, 826, 839a
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 12 O 6/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 14.12.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten mit dem Vorwurf, als gerichtlich bestellter Sachverständiger fehlerhafte medizinische Gutachten über ihn erstattet zu haben, auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch.
Der Beklagte ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Er wurde vom Landgericht Detmold in den jeweils vom Kläger angestrengten Klageverfahren9 O 383/07 und 9 O 49/10 und selbständigen Beweisverfahren 9 OH 7/09 sowie vom Senat in dem das Verfahren 9 O 383/07 LG Detmold betreffenden ersten Berufungsverfahren I-11 U 3/15 mit der Erstellung schriftlicher und mündlicher Gutachten zur Frage der Prozessfähigkeit des Klägers beauftragt. Anlass hierfür war, dass in dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren 2 Ds-44 Js 142/11 283/11 AG Detmold der dort zum Sachverständigen bestellte A Ende 2011/Anfang 2012 in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt war, dass der Kläger an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung leidet und deshalb von Schuldunfähigkeit des Klägers auszugehen sei.
Im Einzelnen wurden von dem Beklagten in den drei vorgenannten Verfahren folgende Gutachten erstattet:
- in dem Verfahren 9 O 383/07 LG Detmold ein schriftliches Gutachten vom 31.12.2013, welches von ihm später am 26.06.2014 gegenüber dem Landgericht Detmold und am 13.01.2016 in dem Berufungsverfahren I-11 U 3/15 mündlich erläutert und ergänzt wurde,
- in dem selbstständigen Beweisverfahrens 9 OH 7/09 LG Detmold ein schriftliches Gutachten vom 31.12.2013 und weiteres schriftliches Ergänzungsgutachten vom 14.07.2015 und
- in dem Verfahren 9 O 49/10 LG Detmold ein schriftliches Gutachten vom 14.06.2015.
Der Beklagte kam in seinen vorgenannten Gutachten jeweils zu dem Ergebnis, dass für den dort jeweils in Rede stehenden Zeitraum bei dem Kläger eine Prozessunfähigkeit zwar nicht positiv festgestellt werden könne, aber naheliegend sei. Wegen der Einzelheiten der Gutachten wird auf Blatt 383 bis 404, 443 bis 444 und 629 bis 631 der Akten 9 O 383/07 LG Detmold, Blatt 344 bis 364 und 440 bis 459 der Akten 9 OH 7/09 LG Detmold sowie auf Blatt 99 bis 117 der Akten 9 O 49/10 LG Detmold Bezug genommen.
Darüber hinaus war der Beklagte vom Landgericht zunächst auch in den Berufungsverfahren 10 S 80/13 und 10 S 146/13, welche die beiden vom Kläger beim Amtsgericht Lemgo erhobenen Klageverfahren 18 C 25/13 und 19 C 266/10 zum Gegenstand hatten, jeweils mit Beschluss vom 03.02.2014 mit der Erstellung eines Gutachten zur Frage der Prozessfähigkeit des Klägers beauftragt worden. Zu einer Gutachtenerstattung durch den Beklagten kam es dort aber nicht mehr, weil das Landgericht Detmold in beiden Verfahren später mit Beschluss vom 19.12.2014 den Sachverständigen B anstelle des Beklagten mit der Gutachtenerstellung beauftragte.
Sämtliche Gutachten wurden vom Beklagten wegen der Weigerung des Klägers, sich von ihm persönlich untersuchen zu lassen, nach Aktenlage erstellt, wobei sich der Beklagte in seinen späteren Gutachten auch mit den vom Kläger vorgelegten fachärztlichen Beurteilungen des C vom 08.07.2013 und 11.02.2014 sowie dem vom Landgericht Detmold in den Verfahren 10 S 80/13 und 10 S 146/13 eingeholten schriftlichen Gutachten des Sachverständigen B vom 04.06.2015, in denen im Gegensatz zur Einschätzung des Beklagten keine hinreichende Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit des Klägers gesehen wurden, auseinandersetzte.
In dem das Verfahren 9 O 383/07 LG Detmold betreffenden weiteren (zweiten) Berufungsverfahren I-11 U 8/19 wurde vom erkennenden Senat mit Beweisbeschluss vom 16.10.2019 die Einholung ein weiteres schriftliches Gutachten des Sachverständigen D zur Frage der Prozessfähigkeit des Klägers angeordnet. Dieser gelangte in seinem schriftlichen Gutachten vom 07.07.2020, das er nachfolgend zunächst am 09.04.2021 mündlich und unter dem 21.06.2021 auch nochmals schriftlich näherer erläuterte, zu dem Ergebnis, dass sich beim Kläger für die Zeit beginnend ab Juli 2007 bis heute keine Hinweise für schwere psychopathologische Auffälligkeiten finden ließen, die rechtfertigen würden, von einer St...