Normenkette
AKB 2009 Ziff. A. 2.2.2
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 22.08.2014; Aktenzeichen 1 O 200/12) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.08.2014 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer für den Pkw BMW ... bestehenden Kaskoversicherung wegen eines behaupteten Teilediebstahls vom 23./24.08.2011 auf Ersatz von Reparaturkosten in Anspruch, den die Beklagte verweigert, weil sie von einem vorgetäuschten Versicherungsfall ausgeht.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an sie 14.026,06 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2011 zu zahlen;
2. weitere 875,60 Euro anwaltliche Gebühren der vorgerichtlichen Tätigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat nach Einholung eines mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S und nach Säumnis der Klägerin im zweiten Termin vom 01.08.2014 gem. §§ 331a, 251a ZPO nach Lage der Akten entschieden und die Klage abgewiesen, weil die Klägerin das äußere Bild eines bedingungsgemäßen Teilediebstahls nicht bewiesen habe. Das Schadensbild im bzw. am versicherten Fahrzeug lasse sich nach den Feststellungen des Sachverständigen S nicht mit dem behaupteten Diebstahlgeschehen in Einklang bringen. Dabei seien die Einwendungen der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 29.07.2014 wegen Verspätung nicht zu berücksichtigen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des Urteils.
Mit ihrer Berufung hält die Klägerin daran fest, dass das Schadenbild am versicherten Fahrzeug mit dem behaupteten Teilediebstahl übereinstimme. Insbesondere sei es dem unbekannten Täter möglich gewesen, die Teile aus dem Fahrzeuginneren auszubauen und zu entwenden, ohne sich selbst in das Fahrzeug zu begeben. Dies belege das von ihr mit Schriftsatz vom 02.07.2014 übersandte Video, mit dem sich das LG nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. Außerdem habe das LG sich zu Unrecht nicht mit ihren Einwendungen gegen die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen S auseinandergesetzt, die sich aus dem weiteren Video der Klägerin ergeben. Die Zurückweisung des entsprechenden Klägervortrags wegen Verspätung sei fehlerhaft, weil der Klägerin eine Einreichung des zweiten Videos vor dem 29.07.2014 nicht möglich gewesen sei. Sie sei auch nicht gehalten gewesen, insoweit eine weitere Fristverlängerung zu beantragen, weil sie gar nicht damit habe rechnen können, dass und wann ihr ein weiterer Videobeweis für ihr Vorbringen zur Verfügung stehen würde. Insoweit sei ihr Fristversäumnis auch entschuldigt.
Das LG hätte das zweite Video berücksichtigen und dazu ein Gutachten eines Sachverständigen für Kriminalistik, Kriminaltechnik und Kriminologie einholen müssen. Der vom LG beauftragte Sachverständige S sei für die Beantwortung der maßgeblichen Beweisfragen ungeeignet. Er habe sich zwar beanstandungslos zur Schadenhöhe äußern können, nicht jedoch zur Frage der Begehungsweise des Teilediebstahls. Diese gehöre erkennbar nicht zu seinem Fachgebiet. Das Oberlandesgericht habe daher eine erneute Tatsachenfeststellung vorzunehmen.
Rechtsfehlerhaft sei es zudem gewesen, nach Lage der Akten zu entscheiden, ohne das mit Schriftsatz vom 29.07.2014 eingereichte zweite Video zu berücksichtigen. Dieses sei zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung am 22.08.2014 Bestandteil der Akten gewesen. Der Rechtsstreit sei damit nicht entscheidungsreif gewesen. Zumindest hätte das LG auf Antrag der Beklagten ein Versäumnisurteil erlassen müssen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Bielefeld aufzuheben und nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Das LG sei zu Recht davon ausgegangen, dass das Schadenbild im Fahrzeug mit den Behauptungen der Klägerin nicht in Einklang zu bringen sei. Das von der Klägerin vorgelegte Videomaterial sei offenbar nach entsprechender Präparation des Fahrzeugs gefertigt. Im Übrigen spreche es gegen die Klägerin, dass sie die Videos überhaupt vorlegen konnte. Dies lasse auf Kontakte zur kriminellen Szene schließen. Die Einwände der Klägerin gegen das Gutachten des Sachverständigen S seien bereits in erster Instanz verspätet eingegangen und deshalb auch in der Berufung nicht zu berücksichtigen.
Der Senat hat die Klägerin im Termin am 06.05.2015 angehört und den von ihr gestellten Zeugen M vernommen. Der zum Termin geladene Sachverständige Dipl.-Ing. S hat sein in erster Instanz gefertigtes Gutachten erläutert und nach Inaugenscheinnahme der von der Klägerin zur Akte gereichten Videos ergänzt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.
Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft...