Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 19 O 394/20) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27.01.2022 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H. von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H. von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Übertragung eines Miteigentumsanteils des Grundstücks mit der Anschrift A -Str. 01/02 in B.
Am 23.03.2017 veräußerte der Beklagte an die C GmbH, zu diesem Zeitpunkt GmbH in Gründung, deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Kläger war, einen hälftigen Miteigentumsanteil des streitgegenständlichen Grundstücks zu einem Kaufpreis in Höhe von 40.000,00 EUR. Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den als Anlage K 2 (Bl. 21 ff. d. A.) vorgelegten notariellen Kaufvertrag des "(...)" D . Dieser Vertrag wurde unstreitig vollzogen.
Am 06.04.2017 erfolgte eine Zahlung des Klägers an den Beklagten in Höhe eines Betrages von 70.000,00 EUR durch Überweisung, welcher u.a. die Angabe "...975/23.03.2017" enthält, vgl. Anlage K 3 lesbar eingescannt als Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2021, Bl. 264.A d.A. Am 15.05.2017 überwies der Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 10.000,00 EUR an den Beklagten mit dem Verwendungszweck "RESTZAHLUNG 975/ 23.03.2017", vgl. Anlage K 4 (Bl. 36 d. A.).
Am 08.11.2018 veräußerte der Beklagte dem Kläger mit notariellem Kaufvertrag die weitere hier streitgegenständliche Eigentumshälfte des gegenständlichen Grundstücks zu einem Kaufpreis von ebenfalls 40.000,00 EUR, wobei wegen der Einzelheiten des Vertrages auf die Anlage K 1 (Bl. 9 ff. d. A.) Bezug genommen wird.
Der Kläger hat behauptet, den Kaufpreis i.H. von 40.000 EUR für die streitgegenständliche Miteigentumshälfte aufgrund einer zwischen den Parteien getroffenen Abrede bereits vor Abschluss des Notarvertrages am 08.11.2018 gezahlt zu haben.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Es habe zwischen den Parteien bereits im März 2017 Einigkeit bestanden, dass der Beklagte das streitgegenständliche Grundstück insgesamt an den Kläger bzw. die GmbH i.G. verkaufe. Dass der Kaufpreis bereits vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags über die Eigentumshälfte bezahlt worden sei, habe der Kläger nachvollziehbar erklärt. Der Kläger habe eine entsprechende Tilgungsbestimmung i.S. von § 366 BGB treffen können, unerheblich davon, ob der Vertrag der Form des § 311 b Abs. 1 BGB genügt habe. Der Beklagte habe nicht dargelegt und bewiesen, dass die unstreitig gezahlten 80.000 EUR teilweise für andere Verbindlichkeiten des Klägers verwendet werden sollten. Vielmehr habe der Beklagte die Zahlungen entsprechend dem Verwendungszweck angenommen.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands inkl. der Anträge sowie der Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Das Landgericht habe zu Unrecht die Beweislast für die Erfüllung der Forderung des Klägers im Ergebnis ihm auferlegt . Er macht sich hilfsweise u.a. den Vortrag des Klägers zu eigen, es haben eine Vorauszahlungsabrede gegeben.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 27.01.2022, zugestellt am 28.01.2022, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Aus dem erstmals eingereichten sog. "Immobilien- Übergabeprotokoll" vom 15.05.2017 ergebe sich, dass die Parteien eine Vorauszahlungsvereinbarung getroffen hätten, vgl. die Übersetzung des Protokolls Bl. 157 GA.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Kläger hat nach seinem eigenen (berücksichtigungsfähigen) Vortrag keinen Anspruch auf Übereignung der streitgegenständlichen Miteigentumshälfte. Er hat keinen Anspruch gem. § 433 BGB i.V. mit dem am 08.11.2018 abgeschlossenen Notarvertrag, da dieser Notarvertrag nichtig ist, § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB i.V. mit § 125 BGB.
Im Einzelnen:
1. Nach dem Vortrag des Klägers ist der am 08.11.2018 abgeschlossene Notarvertrag wegen Verstoßes gegen die notarielle Beurkundungspflicht gem. § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB i.V. mit § 125 BGB in Anwendung der Auslegungsregel von § 139 BGB insgesamt nichtig. Denn in diesem Notarvertrag ist eine wesentliche Regelung - die Anrechnung einer Vorauszahlung - nicht aufgenommen worden.
Beurkundungsbedürftig sind bei Grundstücksgeschäften alle Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Vertragspartner das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft zusammensetzt (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1982 - V ZR 161/81 - NJW 1983, 563, 5...