Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsabwägung bei Verkehrsunfall mit minderjährigem Fußgänger
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 15.10.2008; Aktenzeichen 21 O 194/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.10.2008 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Dortmund abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der vollstreckbaren Beträge abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % der zu vollstreckenden Beträge leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der bei der Klägerin gesetzlich unfallversicherte Schüler N (im Folgenden N) wurde am 10.12.2004, dem 7. Tag nach Vollendung seines 10. Lebensjahres, während des Heimwegs von der Schule bei einem Verkehrsunfall, der sich in E auf der T7ereignete, schwer verletzt. Während N. auf dem westlichen Gehweg in nördlicher Richtung ging, kamen die Fahrzeuge, die die T7in südlicher Richtung befuhren, vor einer auf Rotlicht geschalteten Lichtzeichenanlage zum Stehen. N. lief anschließend hinter einem zum Stillstand gekommenen Lkw auf die Fahrbahn, um diese in östlicher Richtung zu überqueren. Dabei wurde er von dem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw im vorderen linken Bereich erfasst, mit dem der Beklagte zu 1) die T7in nördlicher Richtung befuhr.
Die Klägerin übernahm die Kosten der unfallbedingt notwendig gewordenen ärztlichen Behandlung des Klägers und verlangte ihre Aufwendungen aus übergegangenem Recht zum Teil von dem Beklagten ersetzt.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vortrags und der gestellten Anträge wird gem. § 540 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil des LG Bezug genommen.
Das LG hat nach Vernehmung der Zeugen D, X, Q und X2 sowie Einholung eines mündlich erstatteten technischen Gutachtens des Sachverständigen Prof. T der in erster Instanz auf Ersatz von 40 % der entstandenen Aufwendungen gerichteten Klage stattgegeben. Zwar sei der Unfall, der nicht auf höherer Gewalt beruhe, für den Beklagten zu 1), den keinerlei Unfallverschulden treffe, unabwendbar gewesen. Das in einem Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO liegende Eigenverschulden des N. führe jedoch nicht zu einer Anspruchskürzung dem Grunde nach um mehr als 60 %. Denn es sei zu berücksichtigen, dass das Verhalten des N. u.a. auch auf einer altersbedingten Fehleinschätzung der Verkehrssituation beruht habe. N. sei erst nach einem Blick zu der auf Rotlicht geschalteten Ampel losgelaufen und habe fehlerhaft angenommen, durch die Ampelschaltung auch vor Fahrzeugen aus der Fahrtrichtung des Beklagten zu 1) geschützt zu sein. Zudem seien die Anforderungen an verkehrsgerechtes Verhalten des N. niedrig anzusetzen, weil N. das 10. Lebensjahr gerade erst vollendet gehabt habe.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Sie machen geltend, das LG sei fehlerhaft von einem durch das Beweisergebnis nicht bestätigten Sachverhalt ausgegangen, indem es festgestellt habe, dem Unfall sei ein Gerangel zwischen N. und dem Zeugen D vorausgegangen, ferner, indem es eine altersbedingte Fehleinschätzung der Verkehrssituation durch N. damit begründet habe, dass dieser zur Lichtzeichenanlage geschaut habe, dort Rotlicht gesehen und daraus gefolgert habe, mit Fahrzeugen aus Fahrtrichtung des Beklagten zu 1) sei nicht zu rechnen. Denn abgesehen davon, dass der Blick des N. zur Lichtzeichenanlage nicht bewiesen sei, müsse aus den Aussagen der vernommenen Zeugen gefolgert werden, dass die Lichtzeichenanlage nicht Rotlicht, sondern Grünlicht abgestrahlt habe, als N. begonnen habe, zu laufen.
Bei richtiger Abwägung der Schadensverursachungsanteile habe das LG zur Alleinverantwortlichkeit des N. mit der Folge kommen müssen, dass eine Haftung der Beklagten vollständig entfalle. Denn N. habe besonders grob gegen § 25 Abs. 3 StVO verstoßen. Dabei sei auch zu beachten, dass N., bei dem es sich um einen Schüler mit schneller Auffassungsgabe gehandelt habe, durch schulische Verkehrserziehung und elterliches Heranführen an die Gefahren des Straßenverkehrs mit den Anforderungen an ordnungsgemäßes Verhalten im Straßenverkehr bestens vertraut gewesen sei. Außerdem sei dem N. bekannt gewesen, dass es geboten gewesen sei, die von der Unfallstelle nicht weit entfernten beampelten Fußgängerüberwege zu nutzen.
Die Beklagten beantragen, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung gegen die Berufung der Beklagten und stellt mit näheren Ausführungen insbesondere darauf ab, dass N. das Alter, in dem ein Kind für den Schaden aus einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug verantwortlich gemacht werden kann, gerade erst 7 Tage vor dem Unfall erreicht habe. Zudem habe sich wegen der vor ...