Leitsatz (amtlich)
›1. Zu den Pflichten des Führers eines Schlauchbootes vor Antritt einer Fahrt auf die offene See und dem Mitverschulden eines Bootsinsassen.‹
2. 12000DM [6000 EUR] Schmerzensgeld sowie immaterieller Vorbehalt für einen Mann unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens aus einem Seeunfall (Sturz in einem motorangetriebenen Schlauchboot) wegen einer stabilen Brustwirbelfraktur (12. BWK) mit einer MdE von 100 % für 180 Tage.
14 Tage stationäre Behandlung, anschließend ambulante und stationäre Rehabilitation.
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 4 O 321/99) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt Schadensersatz, Schmerzensgeld und die Feststellung der Haftung der Beklagten für Zukunftsschäden aufgrund eines Bootunfalls, der sich am August 1998 im Seegebiet vor der Hafeneinfahrt von W ereignete.
Der am 09.07.1952 geborene Kläger ist Versicherungskaufmann und ebenso wie der Beklagte zu 1) und die Zeugen G, H und L Mitarbeiter der. Die 5 Personen und weitere Kollegen verbrachten im August 1998 anläßlich der Hansesail in W einige Tage auf dem dort vor Anker liegenden Kutter "M " des Beklagten zu 1). Der Kläger beteiligte sich wie seine Kollegen an den dem Beklagten zu 1) hierdurch entstehenden Kosten für Treibstoff und Verpflegung mit 480,-- DM.
Unter anderem am späten Nachmittag des nahm der Kläger an einer Hafenrundfahrt mit einem ebenfalls im Eigentum des Beklagten zu 1) stehenden Schlauchboot teil. Das Boot wurde von dem Beklagten zu 2), einem Bekannten des Beklagten zu 1.), der es ihm zum Besuch der Hansesail unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte, geführt. Der Kläger nahm auf einer zweistufigen Metalltreppe im Bug des Bootes Platz. Nach Besichtigung der im Hafenbecken liegenden Segelschiffe steuerte der Beklagte zu 2), der seit dem 01.08.1998 im Besitz eines Sportbootführerscheins war, das Schlauchboot auf die offene See. Dort wurde es von einer stärkeren Welle erfaßt, wodurch der Kläger, der seit Jahren selbst Inhaber dieser Bootsführerscheine ist, auf den harten GFK-Boden des Bootes stürzte. Der Kläger zog sich dabei eine stabile Fraktur des 12. Brustwirbelkörpers zu, die einen stationären Krankenhausaufenthalt bis zum 25.08.1998 sowie anschließende ambulante und stationäre Rehabilitationsmaßnahmen nach sich zog. Der Kläger war bis zum 15.02.1999 arbeitsunfähig.
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 2) habe nach Beendigung der Rundfahrt im ruhigen Hafenbecken plötzlich eigenmächtig mit Vollgas auf die offene See zugesteuert. Aufgrund dieser hohen Geschwindigkeit und des dortigen Wellengangs sei es ihm weder möglich gewesen, in seiner Sitzposition Halt zu finden noch das sicherere Heck des Bootes zu erreichen. Er sei immer wieder hochgeschleudert worden. Trotz seiner erkennbaren Notlage und seiner Hilferufe habe der Beklagte zu 2) die Geschwindigkeit nicht verlangsamt, so daß er dann durch einen besonders harten Schlag verletzt worden sei. Er leide aufgrund des Unfalls nach wie vor unter einer eingeschränkten Beweglichkeit, die weitere gesundheitliche Entwicklung sei derzeit noch nicht absehbar. Der Kläger hat die Beklagten deshalb gesamtschuldnerisch auf Zahlung eines angemessenen, bis zur letzten mündlichen Verhandlung zeitlich begrenzten Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 15.000,-- DM, einer zusätzlichen Schmerzensgeldrente in Höhe von 400,-- DM pro Monat für den Zeitraum September 1998 bis Dezember 1999, materiellen Schadensersatz in Höhe von insgesamt 4.794,12 DM und auf Feststellung der Haftung für weitere materielle und immaterielle Schäden in Anspruch genommen.
Die Beklagten haben demgegenüber zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags behauptet, der Beklagte zu 2) habe das Schlauchboot vor dem Verlassen des Hafens, das von den übrigen Bootsinsassen ausdrücklich gewünscht worden sei, angehalten, und den Kläger unter Hinweis auf die Gefahren aufgefordert, seinen Platz im Bug zu verlassen. Nachdem sich der Kläger geweigert habe, dieser Aufforderung nachzukommen, sei er mit normaler Geschwindigkeit weiter gefahren.
Das Landgericht hat der Klage nach uneidlicher Vernehmung der Zeugen G, H, L und L gegenüber dem Beklagten zu 2) in Höhe von 6.000,-- DM Schmerzensgeld, 4.669,12 DM Schadensersatz sowie hinsichtlich des Feststellungsantrags stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme treffe den Beklagten zu 2) und den Kläger jeweils ein hälftiges Verschulden am Zustandekommen des Unfalls. Den Beklagten zu 1) treffe dagegen keine Haftung, da er sein Schlauchboot dem Beklagten zu 2) lediglich aus Gefälligkeit überlassen habe.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Er ist der Ansicht, die Verantwortung für den Unfall liege allein bei dem Beklagten zu 2). Daneben hafte auch der Beklagte zu 1), der aufgrund eines schuldrechtlichen Gefälligkeitsverhältnisses für das Verschulden des Beklagten zu 2) einzustehen habe und dem zudem ein Organisationsversch...