Verfahrensgang

LG Siegen (Aktenzeichen 2 O 317/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung das am 23. März 2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Siegen teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.677,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Oktober 2017 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges VW Tiguan Track & Field 2,0 l TDI 103 kW (140 PS) mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer ....

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 3/10 und die Beklagte zu 7/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 38.985,00 EUR.

 

Gründe

(§ 540 ZPO)

I. Die Klägerin, eine im Rechtsdienstleistungsregister eingetragene Inkassodienstleisterin, macht aus behauptet abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Lieferung eines von dem Zeugen I erworbenen VW-Fahrzeuges geltend, welches vom sogenannten "Dieselskandal" betroffen ist.

Der Zeuge I erwarb aufgrund verbindlicher Volkswagen-Bestellung vom 18. September 2007 bei der C GmbH & Co. KG, einer VW-Vertragshändlerin, einen neuen VW Tiguan Track & Field 2,0 l TDI 103 kW (140 PS), FIN ..., der am 11. Dezember 2017 auf ihn zugelassen wurde. Der Gesamtpreis betrug nach - mit Nichtwissen der Beklagten bestrittenem - Vortrag der Klägerin mindestens 38.985,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die verbindliche Volkswagen-Bestellung bei der C GmbH & Co. KG vom 18. September 2017 und die Zulassungsbescheinigung Teil I und II aus Dezember 2017 (Anlagenkonvolut K 2 zur Klageschrift) sowie die Rechnung der C GmbH & Co. KG vom 11. Dezember 2007 (GA 917) verwiesen.

Das Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor mit der herstellerinternen Typenbezeichnung EA 189 EU 4 und ist von der Beklagten vor Auslieferung mit einer Software ausgestattet worden, die den Stickoxidausstoß im Prüfstandbetrieb, sogenannter "Modus 1", reduziert. Jedenfalls aufgrund dieser Software, die erkennt, dass das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird, hielt der Motor während des Prüfstandtests die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte ein. Unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr wird das Fahrzeug anderweitig betrieben, nämlich im sogenannten "Modus 0" mit einer geringeren Abgasrückführungsrate. Dies hat zur Folge, dass der Stickoxidausstoß höher ist.

Nach Bekanntwerden der Softwareproblematik gab das Kraftfahrt-Bundesamt der Beklagten mit unangefochtenem Bescheid vom 17. November 2015 Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung des Fahrzeugs des Zeugen I auf, die im Rahmen eines Rückrufes umgesetzt werden sollten.

Mit Bescheid vom 01. Juni 2016 (Anlage B 2 zur Klageerwiderung vom 21. Dezember 2017) erteilte das Kraftfahrt-Bundesamt die Freigabe für eine technische Überarbeitung für den von dem Zeugen I gefahrenen Fahrzeugtyp, nämlich ein Software-Update. Das seit dem 30. Dezember 2016 zur Verfügung stehende, aufgrund vorstehenden Bescheides freigegebene Software-Update ließ der Zeuge I am 09. Januar 2017 an dem Fahrzeug durchführen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Kopie eines Schriftstücks mit Unterschriftsdatum 15. Februar 2017 vorgelegt, das als "Treuhänderische Abtretung" überschrieben ist und in dem es u.a. heißt:

"Hiermit trete ich, I, jeweils meine bestehenden und künftigen Ansprüche - insbesondere Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss, aus Prospekthaftung, aus Verletzung eines selbständigen Garantievertrages sowie aus unerlaubter Handlung - gegenüber der Volkswagen AG und/oder, falls abweichend, gegenüber dem Hersteller meines KFZ je in Zusammenhang

1. mit dem gemeinhin als Abgasskandal bekannten Lebenssachverhalt (Täuschung über Einhaltung von Emmissionsschutzwerten, fehlerhafte Motorsteuerung etc.) in Bezug auf mein KFZ mit dem amtlichen Kennzeichen ... und der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... (mein "KFZ") und

2. mit den von den Herstellerangaben abweichendem Kraftstoffverbrauch (NEFZ-Normverbrauch und tatsächlichem Praxisverbrauch) in Bezug auf mein KFZ an die G GmbH mit Sitz in Q-Platz, ... I2, zum Zwecke des Forderungseinzugs ab."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannte Kopie der Abtretungserklärung (GA 471) verwiesen.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe vorsätzlich, systematisch und planmäßig Behörden auf supra-, sub- und nationaler Ebene zur Umgehung der gesetzlichen Anforderungen an das Abgasverhalten der Motoren und Millionen Kunden weltweit und in Deutschland aus reinem Gewinnstreben zulasten ihrer Kunden getäuscht. Verantwortliche Manager der Beklagten hätten die Entwicklung und Ve...

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