Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 3 O 322/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung das am 10. Oktober 2018 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.433,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Oktober 2017 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges XY T mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ...7 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs XY T mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ...7 seit dem 31. Oktober 2017 in Verzug befindet.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.424,84 EUR zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen die Klägerin zu 3/10 und die Beklagte zu 7/10, die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 1/9 und die Beklagte zu 8/9.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Gründe

(§ 540 ZPO)

I. Der Kläger erwarb auf der Grundlage eines Kaufvertrages vom 27.02.2013 von der Q GmbH, einer XY-Vertragshändlerin, einen neuen XY T, FIN ...7, zum Preis von insgesamt 34.000,00 EUR, der am 4. Juli 2013 auf ihn zugelassen wurde. Der vorgenannte Betrag setzt sich zusammen aus dem Preis für das Fahrzeug incl. zusätzlicher 4 Stahlräder mit Mobilitätswinterreifen (567,23 EUR) in Höhe von 30.651,26 EUR abzüglich einer Loyalitätsprämie für XY PKW Umweltprämien-Kunden (2.521,01 EUR) zuzüglich Kosten für eine Erlebnisabholung de luxe (327,73 EUR), einer Kfz-Briefgebühr (12,61 EUR), einer Zulassungspauschale (100,84 EUR) und Umsatzsteuer (5.428,57 EUR). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Rechnung der Q GmbH vom 05. Juli 2013 (Anlage K 1 zur Klageschrift) verwiesen.

Das Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor mit der herstellerinternen Typenbezeichnung ... 000 und ist von der Beklagten vor Auslieferung mit einer Software ausgestattet worden, die den Stickoxidausstoß im Prüfstandbetrieb, sogenannter "Modus 1", reduziert. Jedenfalls aufgrund dieser Software, die erkennt, dass das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird, hielt der Motor während des Prüfstandtests die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte ein. Unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr wird das Fahrzeug anderweitig betrieben, nämlich im sogenannten "Modus 0" mit einer geringeren Abgasrückführungsrate. Dies hat zur Folge, dass der Stickoxidausstoß höher ist.

Nach Bekanntwerden der Softwareproblematik gab das Kraftfahrt-Bundesamt der Beklagten mit unangefochtenem Bescheid vom 14. Oktober 2015 Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung des Fahrzeugs des Klägers auf, die im Rahmen eines Rückrufes umgesetzt werden sollten.

Mit Bescheid vom 20. Dezember 2016 (Anlage B 8 zur Klageerwiderung vom 15. Februar 2018) erteilte das Kraftfahrt-Bundesamt die Freigabe für eine technische Überarbeitung für den von dem Kläger gefahrenen Fahrzeugtyp. Das aufgrund vorstehenden Bescheides freigegebene Software-Update ließ der Kläger am 16. Februar 2017 im Rahmen der entsprechenden Rückrufaktion "D" an dem streitgegenständlichen Fahrzeug durchführen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Oktober 2017, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Anlage K 4 zur Klageschrift), forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zum 30. Oktober 2017 zur Zahlung von Schadensersatz in Form der Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs auf.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe u.a. ein deliktischer, auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteter Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, wobei ein Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs nicht abzuziehen sei. Insoweit hat er u.a. geltend gemacht, das streitgegenständliche Fahrzeug habe aufgrund der Manipulation einen erheblichen Wertverlust erlitten. Mindestens ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten im Sinne von § 31 BGB habe den objektiven und subjektiven Tatbestand von § 826 BGB verwirklicht; im Übrigen hat er in diesem Zusammenhang auf eine der Beklagten obliegende sekundäre Beweislast verwiesen.

Der Kläger hat behauptet, dass er das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er gewusst hätte, dass das von ihm erworbene Fahrzeug einen höheren Schadstoff-Ausstoß als angegeben hat und die Angaben über die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für die Messung falsch waren bzw. die Abgaswerte unter Verwendung einer manipulierten Motorsteuerungssoftware erzielt wurden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu ver...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge