Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen der Haftung eines Gebäudebesitzers für die durch abgelöste Dachteile ausgelösten Schäden gem. § 836 BGB

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 04.08.2009; Aktenzeichen 3 O 19/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4.8.2009 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Essen abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 5.393,72 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 5.346,72 EUR seit dem 28.11.2008 und aus einem Betrag von 47 EUR seit dem 18.2.2009 zu zahlen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II. Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.

1. Zunächst bestehen keine Zulässigkeitsbedenken. Zwar ist die im Rubrum des landgerichtlichen Urteils als Beklagte aufgeführte Bruchteilsgemeinschaft als solche weder rechts- noch parteifähig. Bei richtiger Würdigung sind jedoch als Beklagte die im Rubrum des angefochtenen Urteils vollständig mit Namen und Anschriften aufgeführten Miteigentümer als Mitglieder der vorgenannten Bruchteilsgemeinschaft anzusehen. Dies hat der Klägervertreter im Senatstermin auch ausdrücklich klargestellt. Vor diesem Hintergrund war das Rubrum auf Beklagtenseite entsprechend anzupassen. 2. Die zuerkannte Hauptforderung gegen die beklagten Eigentümer ergibt sich dem Grunde nach aus §§ 836, 840 BGB i.V.m. § 67 VVG a.F. (jetzt § 86 VVG n.F.).

a. Die Klägerin hat als Kaskoversicherer unstreitig die hier in Rede stehenden Versicherungsleistungen i.H.v. insgesamt 5.393,72 EUR wegen der streitgegenständlichen Fahrzeugschäden an ihre Versicherungsnehmer erbracht. Dementsprechend liegen die Voraussetzungen für einen Übergang der entsprechenden Ersatzansprüche der unmittelbar geschädigten Fahrzeugeigentümer auf die Klägerin nach § 67 VVG a.F. (jetzt § 86 VVG n.F.) vor.

b. Ebenfalls unstreitig sind die hier in Rede stehenden Fahrzeuge durch sturmbedingt gelöste Teile des Daches der Garagen der beklagten Eigentümer beschädigt worden. Ob dabei die Dachteile unmittelbar infolge des Sturms auf die Fahrzeuge herabgefallen sind (so die Klägerin) oder sie sich zunächst nur gelöst haben und dann aus Sicherheitsgründen von der herbeigerufenen Feuerwehr in die Garagen hinuntergedrückt worden und dadurch auf die Fahrzeuge geraten sind (so die beklagten Eigentümer) kann dahinstehen. In jedem Falle beruhten die hier in Rede stehenden Fahrzeugschäden zurechenbar darauf, dass sich Dachteile gelöst haben, was für § 836 BGB ausreicht. Davon ist zu Recht auch das LG ausgegangen. c. Unstreitig waren die beklagten Eigentümer Eigenbesitzer der hier in Rede stehenden Garagen. Insoweit genügt ein - hier vorliegender - mittelbarer Eigenbesitz (vgl. dazu nur Palandt/Sprau, a.a.O., § 836 Rz. 12). d. Es ist ferner davon auszugehen, dass das Ablösen der Dachteile Folge einer fehlerhaften Errichtung und/oder Unterhaltung des hier in Rede stehenden Garagendaches gewesen ist. Das Vorliegen dieser weiteren Voraussetzung des § 836 Abs. 1 Satz 1 BGB muss an sich die Geschädigtenseite (hier also eigentlich die Klägerin) beweisen. Jedoch spricht grundsätzlich der Anscheinsbeweis dafür, dass ein Ablösen von Gebäudeteilen Folge fehlerhafter Errichtung und/oder mangelhafter Unterhaltung des Gebäudes ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein außergewöhnliches Wetterereignis vorliegt, mit dem erfahrungsgemäß nicht zu rechnen ist und dem auch ein fehlerfrei errichtetes oder mit hinreichender Sorgfalt unterhaltenes Gebäude nicht standzuhalten vermag. Weil ein Hausbesitzer auch ungewöhnliche, aber mögliche Sturmstärken in die Betrachtung einbeziehen und entsprechend Vorsorge treffen muss, wird der vorgenannte Anscheinsbeweis in der Regel nicht dadurch erschüttert, dass das Schadensereignis durch eine besonders starke Sturmböe verursacht worden ist. In der heutigen Zeit muss man auch in unseren Breiten verstärkt mit orkanartigen Stürmen rechnen und dies bei Errichtung bzw. Unterhaltung des Gebäudes berücksichtigen. Dementsprechend reichen zur Erschütterung des Anscheinsbeweises selbst ungewöhnlich starke Sturmböen jedenfalls der Stärke 12, der Dächer unstreitig nach der maßgebenden DIN mindestens standhalten müssen, nicht aus; zum großen Teil wird sogar bei Böen bis zu 13 Beaufort die Erschütterung des Anscheinsbeweises verneint (vgl. zum Ganzen nur Geigel/Haag, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 19, Rz. 12; Palandt/Sprau, a.a.O., § 836 Rz. 9; BGH NJW 1993, 1782; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 1244; OLG Zweibrücken NJW-RR 2002, 749 sowie OLG Koblenz, VersR 2005, 982, welches schon bei Böen mit einer Windstärke oberhalb von 12 Beaufort den Anscheinsbeweis als erschüttert ansieht). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie des Ergebnisses der vom Senat noch ergänzten...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?