Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 18 O 187/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16. Dezember 2020 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Berufungsverfahren auf 37.021,98 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Versicherungsleistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung.

Er betreibt in A das Restaurant "B". Für diese Betriebsstätte unterhält er bei der Beklagten eine Geschäftsversicherung unter Einschluss einer Ertragsausfallversicherung, im Rahmen derer auch die Gefahr der Betriebsschließung für eine Haftzeit von 30 Tagen versichert ist. Dem Versicherungsvertrag liegen, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, unter anderem Zusatzbedingungen der Beklagten für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (Betriebsschließung) - 2008 (ZBSV 08) (im Folgenden: AVB Betriebsschließung) zugrunde.

Diese lauten auszugsweise wie folgt:

"...

§ 2 Versicherte Gefahren

1.9

Versicherungsumfang

Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)

a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; ...

2.13

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Zusatzbedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:

a) Krankheiten:

...

b) Krankheitserreger:

...

...

§ 4 Ausschlüsse

...

3.23

Krankheiten und Krankheitserreger

Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf.

..."

In den in § 2 Nr. 2 AVB Betriebsschließung unter Buchstaben a) und b) enthaltenen Aufzählungen ist weder die Krankheit COVID-19 noch der diese verursachende Krankheitserreger SARS-CoV-2 enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien wird auf den Versicherungsschein vom 22. Januar 2018 (Bl. 31 ff. des Anlagenbandes zur Klage der elektronischen Gerichtsakten I. Instanz) sowie auf die AVB Betriebsschließung (Bl. 86 ff. des Anlagenbandes zur Klage der elektronischen Gerichtsakten I. Instanz) Bezug genommen.

Am 16. März 2020 erließ der Oberbürgermeister der Stadt A mit Wirkung zum 17. März 2020 auf der Grundlage des § 28 IfSG in der seinerzeit geltenden Fassung eine Allgemeinverfügung, in der zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 unter anderem die Schließung von Gaststätten angeordnet wurde. Eine entsprechende Untersagung des Betriebs gastronomischer Einrichtungen erfolgte auf der Grundlage des § 32 IfSG durch § 9 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (CoronaSchVO) vom 22. März 2020 (GV.NRW. S. 177a). Während dieses sog. (ersten) Lockdowns war es dem Kläger in der Zeit vom 17. März 2020 bis zum 10. Mai 2020 untersagt, seinen Betrieb für Publikum zu öffnen.

Nachdem der Kläger über seinen Versicherungsmakler der Beklagten die Schließung des Betriebs anzeigte und für die Dauer der vertraglich vereinbarten Haftzeit Entschädigung begehrte, lehnte die Beklagte ihre Eintrittspflicht mit der Begründung ab, das Coronavirus SARS-CoV-2 falle nicht unter die bedingungsgemäß definierten Krankheitserreger. Eine anwaltliche Aufforderung zur Leistung blieb erfolglos.

Mit seiner Klage hat der Kläger erstinstanzlich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 37.021,98 EUR nebst Zinsen und zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten begehrt.

Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, ihm stehe für die vertraglich vereinbarte Haftzeit von 30 Tagen - und unter Anrechnung für die Schließungszeit erhaltenen Kurzarbeitergeldes - ein Anspruch in Höhe der Klagforderung zu, der einen Anspruch auf Ersatz für verdorbene Waren einschließt. Die Schließung seines Betriebes sei auf der Grundlage der AVB Betriebsschließung gedeckt; dies ergebe sich aber im Übrigen auch aus der weiter gehenden Leistungsbeschreibung im Versicherungsschein, die gegenüber den AVB Betriebsschließung vorrangig sei. Soweit die AVB Betriebsschließung die in den §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger als meldepflichtig definiere, handele es sich hierbei - ungeachtet der nachfo...

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