Leitsatz (amtlich)
1. Die Außenwandabdichtung mittels Kombinationslösung aus WU-Betonbodenplatte und kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung entspricht für den Wasserlastfall aufstauendes Sickerwasser - trotz Konformität mit den Regelungen der DIN 18195-6 bzw. DIN 18533 - nicht den anerkannten Regeln der Technik.
2. Die von der Regelung der vorgenannten DIN ausgehende Vermutungswirkung sieht der Senat - insbesondere aufgrund der Vielzahl an aufgetretenen Schadensfällen - als widerlegt an.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, §§ 634, 637
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 2 O 315/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.04.2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum (Az. I-2 O 315/17) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen als Gesamtgläubiger 86.724,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.09.2017 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen als Gesamtgläubiger alle über den Betrag von 85.705,29 Euro hinausgehenden Kosten zu ersetzen, die den Klägerinnen zur Beseitigung der fehlerhaften Abdichtung des Gebäudes X-Straße 10, C künftig noch entstehen werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Hiervon ausgenommen sind die Kosten der Nebenintervention, die die Streithelfer jeweils selbst tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerinnen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 107.129,49 Euro festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerinnen begehren von der Beklagten u.a. Zahlung eines Vorschusses für die Beseitigung der Mängel, die dazu geführt haben, dass der Keller ihres neu errichteten Hauses feucht ist.
Mit notariellem Bauträgerkaufvertrag vom 11.05.2012 erwarben die Klägerinnen von der Beklagten das später so bezeichnete Hausgrundstück X-Straße 10. Die Beklagte verpflichtete sich, auf diesem Grundstück ein Wohnhaus (Doppelhaushälfte) zu errichten.
Der notarielle Kaufvertrag enthält unter § 4 Regelungen zur Bauverpflichtung der Beklagten. Folgendes ist dort u.a. geregelt: "Der Verkäufer verpflichtet sich, das Vertragsobjekt nach der Baubeschreibung und den Exposéplänen herzustellen. (...) Die Baubeschreibung nebst Flächen- und Kubaturberechnung sind als Anlagen 3 und 4 als wesentlicher Bestandteil der heutigen Vereinbarung dieser Niederschrift beigefügt (...)."
§ 2 des notariellen Vertrages regelt Rechte und Ansprüche des Käufers bei Mängeln und enthält unter Ziff. 3. folgenden Passus: "Hinsichtlich des Gebäudes gilt das werkvertragliche Leistungs-Störungsrecht des BGB (...)."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Kaufvertrag vom 11.05.2012 des Notars Y, UR 126/2012, Anlage K1, Bl. 8 ff. d.A., verwiesen.
Nach der durch notariellen Vertrag in Bezug genommenen Baubeschreibung war u.a. in Ziff. 1.7 eine senkrechte Isolierung gemäß DIN 18195, Teil 6, gegen zeitweise aufstauendes Wasser vorgesehen. Der für die Beklagte tätige Architekt Dipl.-Ing. D, der im vorliegenden Rechtsstreit Streitverkündete zu 3.), sah eine Kombinationsabdichtung aus WU-Betonbodenplatte und kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung an den Kelleraußenwänden vor, die auch so ausgeführt wurde.
Die Beklagte beauftragte u.a. die Streithelferinnen zu 1.) und zu 2.) mit der Ausführung der Bauleistungen, die in der Zeit vom 04.07. bis 06.07.2013 die Bauwerksaußenabdichtung herstellten.
Das fertiggestellte Gebäude wurde den Klägerinnen am 15.07.2013 übergeben; der Einzug erfolgte im September 2013. Die Eigentumsumschreibung auf die Klägerinnen zu je 1/2 fand statt.
Anfang Juni 2014 stellten die Klägerinnen fest, dass in zwei Kellerräume des Hauses Nässe eingedrungen war.
Mit an den Geschäftsführer der Beklagten gerichteter Email vom 10.07.2014 wies die Klägerin zu 1.) auf den Wasserschaden hin und bat um schnellstmögliche Klärung (Anlage K2, Bl. 27 d.A.).
Am 16.07.2014 fand ein Ortstermin in den betroffenen Kellerräumen statt, an dem u.a. die Klägerinnen, der Geschäftsführer der Streithelferin zu 2.) und ein Mitarbeiter der Streithelferin zu 1.) teilnahmen. Die Feuchtigkeitsschäden wurden von den Beteiligten gesichtet, ohne eine Bauteilöffnung vorzunehmen.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.07.2014 setzten die Klägerinnen der Beklagten eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 16.08.2014 (Anlage K15, Bl. 105 d.A.).
Mit Schreiben vom 18.07.2014 (Anlage K17, Bl. 106 d.A.) wies die Streithelferin zu 1.) darauf hin, dass eine Bauteilöffnung zwar möglich, aber aufwändig und langwierig sei und schlug vor, ohne vorhergehende Bauteilöffnung eine Kellerwa...