Leitsatz (amtlich)

1. Ein Streit über die gesellschaftsrechtlich beschränkte Übertragbarkeit und Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen an einer Personengesellschaft unterfällt der Bereichsausnahme in Art. 1 Abs. 2 lit. h) EuErbVO, so dass der Anwendungsbereich dieser Verordnung nicht eröffnet ist.

Die internationale Zuständigkeit für derartige Rechtsstreite ergibt sich dann nicht aus Art. 4 EuErbVO.

2. Enthält ein Einantwortungsbeschluss nach österreichischem Erbrecht Aussagen über die Rechtsnachfolge in einen Kommanditanteil an einer deutschen Kommanditgesellschaft, ist dies für die Kommanditgesellschaft und ihre Gesellschafter nicht nach Art. 39 EuErbVO verbindlich, jedenfalls wenn der Anwendungsbereich der VO nicht eröffnet ist. In dem Fall kann die Anerkennung auch nicht auf Art. 1 Abs. 1 S. 1, 4, 7 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 06.06.1959 gestützt werden.

3. Zur Auslegung einer gesellschaftsvertraglichen Regelung über die Übertragbarkeit von Kommanditanteilen unter Lebenden und von Todes wegen.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 2084; EuErbVO Art. 1 Abs. 2 lit. h), Art. 4, 39

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 16 O 43/21)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.04.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

I. Die Beklagten verfolgen mit ihrer Berufung gegenüber dem der Klage stattgebenden Urteil des Landgerichts Bielefeld ihren erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Parteien streiten über die Rechtsnachfolge am Kommanditanteil des am 00.00.2017 verstorbenen Kommanditisten der Klägerin zu 1) B A, der Qscher Staatsbürger war.

Die Klägerin zu 1) ist eine im Handelsregister der Amtsgerichts Bielefeld unter HRA HRA01 eingetragene Kommanditgesellschaft mit einem Kommanditkapital von insgesamt 1.102.500,00 EUR. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die D C Verwaltungs-GmbH, deren Geschäftsführer unter anderem der Kläger zu 2) ist. Kommanditisten der Klägerin zu 1.) sind bzw. waren Frau E-F mit einer Kommanditanlage i.H.v. 210.000,00 EUR, Herr B A (verstorben am 00.00.2017) mit einer Kommanditanlage i.H.v. 157.500,00 EUR (rd. 14,29 %), Frau G mit einer Kommanditanlage i.H.v. 52.500,00 EUR und der Kläger zu 2.) mit einer Kommanditanlage i.H.v. 682.500,00 EUR.

In dem Gesellschaftsvertrag vom 01.10.1999 (Anlage K 2) heißt es u.a.:

"(...) § 8 - Informations- und Kontrollrecht

1) Nachfolgenden Gesellschaftern steht das in § 118 HGB für Gesellschafter einer OHG vorgesehene Informations- und Kontrollrecht zu.

Frau H

Herr B A

Frau E-F

Herr I E

Frau J

Im übrigen bestimmt sich das Kontrollrecht der Kommanditisten nach § 166 HGB.

2) Den Nachfolgern von Herrn B A und Herrn I E steht das Informations- und Kontrollrecht gemäß § 118 HGB für die Gesellschafter einer OHG zu. Jedoch müssen diese ihr Stimmrecht gemäß § 10 Pkt. 2 auf die Komplementärin übertragen. (...)

§ 16 - Ausscheiden eines Gesellschafters

1) Durch den Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst.

2) Jeder Kommanditist mit Informations- und Kontrollrecht, das in § 118 HGB für die Gesellschafter einer OHG vorgesehen ist, ist berechtigt, durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder letztwillig über seinen Geschäftsanteil zu verfügen, wer seinen Geschäftsanteil ganz oder teilweise übernehmen soll. Jeder durch Übertragung neu entstehende oder veränderte Gesellschaftsanteil muss jedoch mindestens 10 % des Gesellschaftskapitals betragen. Eine Reduzierung auf 71/2 % ist dann möglich, wenn der Übernehmer Erbe oder Vermächtnisnehmer von Herrn B A ist. Jeder Kommanditist mit Informations- und Kontrollrecht, das in § 118 HGB für die Gesellschafter einer OHG vorgesehen ist, hat das Recht, bis zu vier Nachfolger zu bestimmen, wobei jedoch der vorher angeführte Mindestkapitalanteil nicht unterschritten werden darf.

3) Die Kommanditisten mit Informations- und Kontrollrecht, das in § 118 HGB für die Gesellschafter einer OHG vorgesehen ist, sind berechtigt, eine Verfügung über ihre Gesellschaftsanteile schriftlich zu verfassen, persönlich zu unterfertigen und von einem laut § 10 Punkt 2) stimmberechtigten Mitgesellschafter als Zeugen gegenzeichnen oder notariell beglaubigen zu lassen. Je eine Kopie dieser Verfügung ist dann sämtlichen Gesellschaftern mittels eingeschriebenen Briefes, spätestens vier Wochen nach Unterzeichnung, zu übermitteln.

Diese Verfügung ist Bestandteil des Gesellschaftsvertrages und kann jederzeit durch eine neue ersetzt w...

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