Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Rückenteignungsbeschluß des Regierungspräsidenten vom 16.12.1986

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 17.11.1987; Aktenzeichen 13 O (Baul.) 1/87)

 

Tenor

Die Berufung der Beteiligten zu 1) gegen das am 17. November 1987 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer (Kammer für Baulandsachen) des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Beteiligten zu 1) übersteigt nicht einen Betrag von 40.000,00 DM.

 

Gründe

Im vorliegenden Verfahren geht es um die Rückenteignung von Grundstücken, die zugunsten der Beteiligten zu 1) enteignet wurden. Das ursprüngliche Enteignungsverfahren begann im Jahre 1970 und endete nach erfolgreicher Revision schließlich mit einem rechtskräftigen Urteil des OLG Hamm am 08.11.1977. Daran schloß sich, nachdem das OVG Münster 1983 den der Enteignung zugrundeliegenden Bebauungsplan für nichtig erklärt hatte, auf Antrag des Beteiligten zu 2) ein Rückenteignungsverfahren an. Dies war Gegenstand des Verfahrens 16 U (Baul.) 17/84 OLG Hamm. Der Beteiligte zu 3) hatte die Rückenteignung abgelehnt. Das Landgericht hat nach Antrag auf gerichtliche Entscheidung diesen Bescheid aufgehoben und den Beteiligten zu 3) angewiesen, in der Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts anderweitig zu entscheiden. Die dagegen eingelegte Berufung des Beteiligten zu 1) ist durch Senatsurteil vom 6. März 1986 zurückgewiesen worden. Im Anschluß daran hat der Beteiligte zu 3) ein neues Rückenteignungsverfahren eingeleitet und durch Beschluß vom 16.12.1986 die Rückenteignung der streitigen Parzellen angeordnet sowie die vom Beteiligten zu 2) an die Beteiligte zu 1) zu zahlende Entschädigung auf 5.475,55 DM festgesetzt.

Dagegen richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung der Beteiligten zu 1), den diese zunächst selbst ohne Einschaltung eines Anwalts eingereicht hatte. Sie stützt den Antrag im wesentlichen auf den bereits im vorhergehenden Verfahren geltend gemachten Gesichtspunkt, daß sie einen neuen Bebauungsplan Nr. 21 b für den Bereich der betroffenen Grundstücke aufgestellt habe, der eine Inanspruchnahme eines Teils der Parzellen zur Errichtung eines Fahrrad- und Fußweges und einer Verbreiterung der Straße vorsehe.

Dieser Bebauungsplan ist am 13.03.1987 beschlossen, am 12.08.1987 vom Beteiligten zu 3) genehmigt und am 19.11.1987 veröffentlicht worden. Derzeit läuft vor dem OVG ein Normenkontrollverfahren, das der Beteiligte zu 2) gegen den neuen Bebauungsplan Nr. 21 b beantragt hat.

Die Beteiligte zu 1) ist der Ansicht, ein Zweckaustausch hinsichtlich der Enteignung sei vorliegend zulässig und schließe jedenfalls die Rückenteignung der Parzellen 82 und eines 241 m² großen Teils der Parzelle 48 aus. Sie ist bereit, die übrigen Flächen zurückzugeben.

Das Landgericht hat die Klage der Beteiligten zu 1) für zulässig gehalten, jedoch als unbegründet abgewiesen. Ein Zweckaustausch komme nicht in Betracht, weil der Rückenteignungsberechtigte dadurch einen Rechtsverlust hinnehmen müsse, ohne daß zuvor ein förmliches Enteignungsverfahren stattgefunden hat.

Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der Berufung. Sie meint, daß es reine Förmelei sei, wenn die benötigten Flächen erst an den Beteiligten zu 2) zurückzuübereignen seien, um sie dann sofort wieder zu enteignen aufgrund des neuen Bebauungsplanes. Im übrigen beantragt sie die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung des OVGs über das Normenkontrollverfahren.

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Bescheid des Beteiligten zu 3) vom 16.12.1986 teilweise aufzuheben und den Antrag des Beteiligten zu 2) auf Rückübereignung der im Bebauungsplan Nr. 21 b als öffentliche Verkehrsfläche der verlängerten … und der zu erweiternden Straße … vorgesehenen Grundstücke Gemarkung …, Flur 139, Flurstücke 82 und 48 (teilweise) zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 2) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wendet sich unter anderem gegen die der Beklagten zu 1) gewährte Wiedereinsetzung und wiederholt seine bereits in erster Instanz geäußerte Auffassung zur Unzulässigkeit des Zweckaustauschs.

Die Berufung ist unbegründet.

Die Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf seine Rechtzeitigkeit, weil die Beteiligte zu 1) zunächst nicht durch einen Anwalt vertreten war, ist dabei entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2) nicht mehr in Frage zu stellen. Es kann dahinstehen, ob nicht gemäß § 221 BauGB in Verbindung mit § 238 Abs. 4 ZPO die Entscheidung über die Gewährung der Wiedereinsetzung unanfechtbar ist. Wenn man mit dem Landgericht gegen die herrschende Meinung Anwaltszwang auch für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung fordern wollte (vgl. BGHZ 41, 183; Battis BauGB § 222 Rdn. 4 m.w.N.), ist jedenfalls dem Landgericht darin beizutreten, daß sich der Vertreter der Beteiligten zu 1) in einem unverschul...

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